LAG Sachsen stellt gängige Vertragsstrafenklausel in Frage

LAG Sachsen Vertragsstrafe

 

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Regelungen zu Vertragsstrafen, zB. für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Tätigkeit nicht oder verspätet antritt oder unter Nichteinhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist auflöst. Das LAG Sachsen (Urt. v. 24.01.2022 - 1 Sa 345/21) musste sich jüngst mit einer solchen Klausel befassen und hat diese für unwirksam erachtet.
Die konkrete Klausel hielt bereits einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht stand. An dieser Stelle hätte das LAG Sachsen aus der Prüfung eigentlich schon aussteigen können. Als weitere Erwägung hielt es allerdings zusätzlich fest, dass die Klausel den Arbeitnehmer auch unangemessen benachteilige und somit ebenfalls aus diesem Grund unwirksam sein. Die unangemessene Benachteiligung ergebe sich daraus, dass nicht im Gegenzug zur Vertragsstrafe des Arbeitnehmers bei Vertragsbeendigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nicht - quasi als Ausgleich - auch eine Vertragsstrafe zu Lasten des Arbeitgebers vorsieht, wenn dieser das vereinbarte Entgelt nicht oder nicht rechtzeitig auszahlt. Diese Erwägungen haben es für die Praxis in sich. Enthalten doch die wenigsten Arbeitsverträge Vertragsstrafenklauseln für beide Vertragsparteien. Eine einseitige Belastung des Arbeitnehmers sei unzulässig. Der Arbeitnehmer sei schließlich auf die Vergütung zum Bestreiten seines Lebensunterhalts angewiesen.

Trotzdem überzeugt die Wertung des LAG Sachsen vor dem Hintergrund der langjährigen BAG-Rechtsprechung zu Vertragsstrafenklauseln nicht. Deren Zulässigkeit ergibt sich aus der Erwägung, dass eine Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung gem. § 888 Abs. 3 ZPO nicht möglich ist. Demgegenüber kann der Arbeitnehmer die Zahlung des Entgelts für seine Tätigkeit nach Erhalt eines entsprechenden Titels im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Im Ergebnis sind die beiden Sachverhalte damit nicht vergleichbar und es liegt mit Blick auf die arbeitsrechtlichen Besonderheiten keine unangemessene Benachteiligung vor.
Es bleibt abzuwarten, ob das BAG Gelegenheit erhalten wird, die Frage höchstrichterlich zu klären. Die Entwicklung sollte in jedem Fall beobachtet werden.