BLOG  |  PODCAST

Salvatorische Klausel kein Rettungsanker für nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind in einem Arbeitsvertrag nur dann verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit des Wettbewerbsverbots verpflichtet, § 74 Abs. 2 HGB. In der Praxis wird dieses Erfordernis oft - vielleicht auch bewusst - von Arbeitgebern übersehen, so dass die Vereinbarung einer Karenzentschädigung im Arbeitsvertrag unterbleibt.
Aus Sicht des Arbeitnehmers stellt sich die Frage, ob er die Karenzentschädigung auch ohne vertragliche Vereinbarung verlangen kann, wenn er sich an das geregelte aber nichtige nachvertragliche Wettbwerbsverbot hält. Insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag zusätzliche eine sog. Salvatorische Klausel enthält. Darunter versteht man eine vertragliche Bestimmung, nach der sich die Parteien verpflichten, eine unwirksame vertragliche Regelung durch eine angemessene Regelung zu ersetzen, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrags gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss des Vertrags die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
Das BAG hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 22.03.2017 - 10 AZR 448/15) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der sich an ein nichtiges nachvertragliches Wettbwerbsverbot hält, keine Karenzentschädigung vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Die salvatorische Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vermag die Nichtigkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht zu heilen - auch nicht zu Gunsten des Arbeitnehmer. Das BAG leitet dies, wie der Pressemitteilung zu entnehmen ist, aus der Notwendigkeit, spätestens unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu treffen können, her. Die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Klausel muss sich aus der Vereinbarung selbst ergeben. Daran fehlt es aber bei einer Salvatorischen Klausel, da nach dieser eine wertende Entscheidung zu treffen ist.
 

Sicherung der Kontinuität der Betriebsratsarbeit durch Befristung?

Es ist noch nicht lange her, da hat das BAG im Jahr 2014 entschieden, dass ein befristeter Arbeitsvertrag auch dann mit dem vereinbarten Datum endet, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich in den Betriebsrat gewählt wurde. Eine - praktisch kaum nachweisbare - Ausnahmekonstellation kann dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag alleine wegen der Betriebsratstätigkeit nicht entfristet oder verlängert.

Wie ist aber der umgekehrte Fall zu bewerten, wenn ein Arbeitgeber einen befristeten Arbeitsvertrag noch einmal verlängert und zwar bis zum Ende der Amtszeit des Arbeitnehmers im Betriebsrat. Kann sich der Arbeitgeber auf einen Sachgrund für die Befristung im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG berufen, weil er mit der weiteren Befristung dem Arbeitnehmer ermöglichen will, seine Amtszeit zu Ende zu führen oder eine sonst erforderliche Neuwahl des Betriebsrats verhindern will?

Die Aufzählung der Sachgründe für eine Befristung in § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG ist nicht abschließend. Dies ergibt sich aus dem einleitend verwendeten Wort "insbesondere", so dass auch unbenannte Sachgründe in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Einem ausdrücklich genannten Sachgrund für eine Befristung lässt sich die Kontinuität der Betriebsratsarbeit nicht zuordnen. Das BAG (Urt. v. 08.06.2016 - 7 AZR 476/14) geht allerdings von einem ungeschriebenen Sachgrund aus. Dass der Gesetzgeber die personelle Kontinuität der Betriebsratsarbeit als gewichtiges Interesse ansieht, ergibt sich bereits aus dem in § 15 KSchG geregelten Kündigungsschutz u.a. für Betriebsratsmitglieder. Der Arbeitgeber hat nach Auffassung des BAG (a.a.O) ein berechtigtes Interesse an der Funktionsfähigkeit des in seinem Betrieb gebildeten Betriebsrats.

Das BAG stellt an das Vorliegen des Sachgrundes der Kontinuität der Betriebsratsarbeit allerdings zurecht hohe Anforderungen. Die Befristung muss geeignet und erforderlich sein, um die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats zu sichern. Wichtig ist insofern, dass die Befristung tatsächlich bis zum Ende der Amtszeit des Betriebsratsmitgliedes erfolgt. Ist die Befristungsdauer kürzer als die Amtszeit, muss der Arbeitgeber detailliert darlegen, aus welchen Grund eine solche Befristung zur Sicherung der Kontinuität der Betriebsratsarbeit geeignet und erforderlich sein soll. Das BAG betont hierzu, dass die personelle Kontinuität der Betriebsratsarbeit regelmäßig nicht schon dann gewahrt wird, wenn die Befristung nur dem Ziel dient, die Betriebsratsarbeit lediglich für einen Teil der Amtszeit zu sichern und sich die Laufzeit des Vertrages nicht auf die Dauer der gesetzlichen Amtszeit erstreckt.


Dr. Christian Velten
Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Gießen

Impressum: hier


Lesen Sie auch meinen Blog zum IT-Recht und zur Unternehmensmitbestimmung!






Die sog. "Projektbefristung"

Die Projektarbeit hat in der modernen Arbeitswelt enorm an Bedeutung gewonnen. Auch die Befristung eines Arbeitsvertrages wird in der Praxis häufig damit begründet, dass der Arbeitnehmer für ein bestimmtes Projekt eingestellt werden soll. Insbesondere, wenn eine Befristung nur noch mit Sachgrund im Sinne vom § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG zulässig ist, wird der Projekteinsatz gerne als Argument ins Spiel gebracht. Dabei sieht das Gesetz einen Sachgrund der "Projektbefristung" gar nicht vor. Vielmehr zielt die Argumentation auf den Sachgrund des lediglich vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG.

Hieraus erschließt sich bereits, dass der Projekteinsatz und ein mit ihm einhergehender Mehrbedarf an personellen Mitteln zwar ein Anlass für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG sein kann. Die Rechtsprechung verlangt aber für das Vorliegen des Sachgrundes, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Bei einer Projektarbeit muss somit prognostizierbar sein, dass mit dem voraussichtlichen Ende des Projektes der Beschäftigungsdarf für den Arbeitnehmer wegfallen wird. Dabei spielt es allerdings - anders als in anderen Fallgruppen des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG - keine Rolle, ob der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Projektes auf einem anderen freien Arbeitsplatz - etwa in einem anderen Projekt - beschäftigt werden könnte (BAG, Urt. v. 24.09.2014 - 7 AZR 987/12).

Folglich muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden muss, ob tatsächlich nur ein vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung besteht. In vielen Fällen verbergen sich hinter dem angeführten Projekt Aufgaben, die nicht nur vorübergehend wahrgenommen werden, sondern von Dauer sind und lediglich als Projekt tituliert werden. Das BAG (Urt. v. 27.07.2016 - 7 AZR 545/14) hält daher zusammenfassend fest:

"Der Arbeitgeber kann sich zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Deshalb kann der Arbeitgeber einen Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG nicht dadurch herbeiführen, dass er im Wesentlichen unveränderte Daueraufgaben in organisatorisch eigenständige „Projekte“ aufteilt."

Wird die im Projekt verfolgte Tätigkeit über Drittmittel finanziert, liegt hierin ein Indiz dafür, dass es sich nicht um unveränderte Daueraufgaben handelt, sondern um zeitlich begrenzte  und abgrenzbare Zusatzaufgaben.


Dr. Christian Velten
Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Gießen

Impressum: hier


Lesen Sie auch meinen Blog zum IT-Recht und zur Unternehmensmitbestimmung!



LAG Hamburg zur Mitbestimmung bei konzernweiter Mitarbeiterbefragung

Bei einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung steht dem örtlichen Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu, auch wenn die beteiligten Arbeitgeber nur mit einem Teil der gestellten Fragen etwa erforderliche Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu identifizieren beabsichtigen, soweit es sich bei dem Fragebogen um ein unauflösbares Gesamtwerk handelt. 

Ein Mitarbeiterfragebogen ist kein Personalfragebogen (§ 94 Abs. 1 BetrVG) und auch keine Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze (§ 94 Abs. 2 BetrVG), wenn die mittels Fragebogen erhobenen Daten einem einzelnen Arbeitnehmer nicht zuzuordnen sind, etwa weil der Arbeitgeber ein Drittunternehmen mit der Befragung beauftragt hat, das sich ihm gegenüber verpflichtet hat, die Ergebnisse nur in anonymisierter Form weiterzuleiten. 

(LAG Hamburg, Beschl. v. 14.06.2016 - 2 TaBV 2/16)

BAG: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei öffentlicher Facebook-Seite des Arbeitgebers

Das BAG hat mit Beschluss vom 13.12.2016 - 1 ABR 7/15) die kontrovers diskutierte Frage entschieden, ob dem Betriebsrat bei der Einrichtung einer öffentlichen Facebook-Seite durch den Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Im vom BAG beurteilten Fall, hatte der Arbeitgeber im Rahmen des konzernweiten Marketings eine öffentliche Facebook-Seite eingerichtet. Die Pflege der Facebook-Seite erfolgte durch eine Gruppe von Mitarbeitern, die sich über einen nichtindividualisierten Gruppenaccount dort anmeldeten. Auf der Facebook-Seite konnten Nutzer Kommentare hinterlassen und sich unter anderem auch Kunden zu den Mitarbeitern des Unternehmens äußern. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass eine solche Facebook-Seite mitbestimmungspflichtig sei und war mit seinen Anträgen beim LAG Düsseldorf noch gescheitert.
Das BAG hat die Entscheidung des LAG teilweise aufgehoben. Ein Mitbestimmungsrecht ergibt sich nach Auffassung des BAG allerdings noch nicht daraus, dass die Pflegearbeiten der Mitarbeiter nach Datum und Uhrzeit nachvollzogen werden könnten.
Es würden zwar entsprechende Leistungsdaten von Arbeitnehmern technisch erfasst und dokumentiert. Allerdings erfordere die Überwachung durch eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, dass die erhobenen Daten einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Im entschiedenen Fall wurde jedoch nur eine Gesamtleistung einer Gruppe aufgezeichnet. In einem solchen Fall kommt nach Auffassung des BAG ein Mitbestimmungsrecht nur in Betracht, wenn der auf die Gruppe ausgeübte Überwachungsdruck auf die einzelnen Gruppenmitglieder durchschlägt. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor.
Das BAG hielt dagegen die Entscheidung der Arbeitgeberin, Postings unmittelbar zu veröffentlichen, für mitbestimmungspflichtig. Die Posting könnten je nach ihrem Inhalt auch namentlich oder situationsbedingt einem Arbeitnehmer zugeordnet werden. Soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen, führe dies zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und ist damit mitbestimmungspflichtig. Durch die Veröffentlichung der Postings seien die Mitarbeiter einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Sie müssten ständig damit rechnen, dass durch ein Posting Angaben über ihr Verhalten und ihre Leistung einen unbestimmten Anzahl von Personen zugänglich gemacht würden. Ob der Arbeitgeber die erfassten Daten tatsächlich auswerten oder verarbeiten will, spielt keine Rolle. Es reicht aus, dass eine Beurteilung des Mitarbeiters möglich ist.
Die Überwachung erfolgte nach Ansicht des BAG auch über eine technische Einrichtung. Hierzu genüge es, dass Facebook die Besucher-Postings einer dauerhaften Speicherung und zeitlich unbegrenzter Zugriffsmöglichkeit zuführe.

LAG Nürnberg: Diskriminierung in Sozialplan bei Kinderzuschlag

Sozialpläne berücksichtigen insbesondere bei der Bemessung von Abfindungsleistungen regelmäßig, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin unterhaltspflichtige Kinder hat. Dabei wird nicht selten  - zu Vereinfachungszwecken - auf die lohnsteuerrechtliche Veranlagung des Arbeitnehmers abgestellt. Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten:

Eine Regelung in einem Sozialplan, die einen Zuschlag für unterhaltsberechtigte Kinder nur dann vorsieht, wenn diese in die Lohnsteuerkarte eingetragen sind, stellt eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar, wenn diese die Lohnsteuerklasse V haben und deshalb ein Kind bei ihnen steuerlich nicht berücksichtigt werden kann (§ 38 b Abs. 2 EStG), so dass LAG Nürnberg (Urt. v. 03.11.2015 - 7 Sa 655/14). 

Die Wahl der Steuerklassen bei Ehepaaren falle dann auf die Kombination III/V, wenn einer der beiden Ehepartner ein deutlich höheres Bruttoeinkommen hat als der andere, was zum einen mit der arbeitszeitunabhängigen Höhe des Verdienstes zusammen, aber auch vor allem vom Umfang der geleisteten Arbeitszeit abhänge. Folglich spiele eine wesentliche Rolle, ob Kinder noch betreut werden müssten und ein Ehepartner deshalb in teilzeit beschäftigt sei. Bei den berufstätigen Vätern und Müttern, die in Teilzeit arbeiten, sei der Frauenanteil statistisch ungleich größer als der Anteil der Männer.

Gegen die Entscheidung des LAG Nürnberg wurde Revision eingelegt, so dass sich das BAG wohl in absehbarer Zukunft der Thematik annehmen wird. 

Dr. Christian Velten
Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Gießen

Impressum: hier


Lesen Sie auch meinen Blog zum IT-Recht und zur Unternehmensmitbestimmung!



Über uns

Wir sind eine zivil- und verwaltungsrechtlich ausgerichtete Partnerschaft von Rechtsanwälten. Bei uns finden Sie Ihren Experten für die Rechtsgebiete Mietrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht und Verwaltungsrecht. Einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt bildet das Datenschutzrecht.

Büro Gießen

Schiffenberger Weg 61
35394 Gießen

Tel.: 0641 9727668
Fax: 0641 9727669

giessen@jota-rechtsanwaelte.de

Büro Rechtenbach

Am Schwingbach 11
35625 Hüttenberg

Tel.: 06441 679766
Fax: 06441 679768

rechtenbach@jota-rechtsanwaelte.de