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Der Sonderkündigungsschutz von Schwangeren

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Sonderkündigungsschutz Schwangerschaft

Auch außerhalb des KSchG kennt das Arbeitsrecht besondere Schutzvorschriften, die eine Kündigung besonderer Personengruppen erschweren oder ausschließen. Hierzu gehört der besondere Schutz Schwangerer.

Schwangere genießen von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von 4 Wochen nach der Entbindung Sonderkündigungsschutz. § 9 I MuSchG bestimmt, dass eine Kündigung während dieses Zeitraums unzulässig ist, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder die Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Diese Regelung geht auf die Europäische Richtline zum Mutterschutz 92/85/EWG zurück. Sie trägt der besonderen Situation der werdenden Mutter Rechnung, die insbesondere vor den Belastungen eines Kündigungsschutzprozesses geschützt werden und deren Erwerbsgrundlage erhalten bleiben soll.

Voraussetzung für das Entstehen des Sonderkündigungsschutzes ist, dass die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt der Kündigung schwanger war. Die Rechtsprechung hilft sich bei der Feststellung des Beginns der Schwangerschaft mit einem Kunstgriff: Ausgehend vom ärztlich prognostizierten Entbindungstag rechnet sie 280 Tage zurück und legt den sich ergebenden Tag zu Grunde. Führt die Schwangerschaft - aus welchen Gründen auch immer, etwa einem nicht medizinisch-indizierten Schwangerschaftsabbruch - nicht zu einer Entbindung, entfällt der Sonderkündigungsschutz. 

Erforderlich ist weiterhin grundsätzlich die positive Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft. Hierzu kann es schon genügen, wenn die Schwangerschaft äußerlich erkennbar war oder der Arbeitgeber über Dritte Kenntnis erlangt hat. Nachforschungspflichten treffen den Arbeitgeber dagegen nicht. Nachforschungen könnten für den Arbeitgeber auch deshalb risikobehaftet sein, als er sich dem Verdacht einer (beabsichtigten) Diskriminierung aussetzen könnte.

Weiß der Arbeitgeber, dass die Arbeitnehmerin schwanger ist, ist die Kündigung grundsätzlich unzulässig. Kündigt ein Arbeitgeber dagegen einer schwangeren Arbeitnehmerin, weil er nicht weiß, dass sie schwanger ist, muss die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber binnen zwei Wochen mitteilen, dass sie schwanger ist und zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger war. Durch diese nachträgliche Mitteilung wird die Kündigung unwirksam. Erfolgt die Mitteilung nicht fristgerecht, hat die Arbeitnehmerin nur dann Sonderkündigungsschutz, wenn die Fristversäumung auf einem von ihr nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung gar nicht weiß, dass sie schwanger ist.

Aus der Mitteilung durch die Arbeitnehmerin muss für den Arbeitgeber erkennbar hervorgehen, dass die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden hat. Problematisch kann dies sein, wenn die Arbeitnehmerin lediglich mitteilt, sie sei schwanger. Hier ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der Erklärung auch entnommen werden kann, dass die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bestand. Dies dürfte etwa der Fall sein, wenn die Arbeitnehmerin mitteilt, sie sei schwanger und die Kündigung deshalb unwirksam, da sie Sonderkündigungsschutz genieße.

Hat die Arbeitnehmerin Sonderkündigungsschutz nach § 9 I MuSchG kann eine Kündigung ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn sie auf Antrag des Arbeitgebers von der zuständigen obersten Landesbehörde für zulässig erklärt worden ist. Eine solche Zulässigkeitserklärung wird allerdings nur in seltenen Fällen in Betracht kommen. Denkbar wäre dies allenfalls bei Betriebsschließungen oder schweren Straftaten der Arbeitnehmerin. Wird die Kündigung ausnahmsweise einmal für zulässig erklärt, so muss sie schriftlich erfolgen und die Kündigungsgründe bezeichnen.

Will eine schwangere Arbeitnehmerin die Unwirksamkeit der Kündigung wegen ihres Sonderkündigungsschutzes geltend machen, so muss sie innerhalb von drei Wochen gem. §§ 4, 7 KSchG Kündigsschutzklage erheben. Ansonsten gilt die Kündigung als wirksam.
Eine Ausnahmeregelung enthält lediglich § 4 S.4 KSchG. Danach beginnt die Klagefrist, soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer zu laufen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Zustimmung bei der Behörde auf tatsächlich beantragt wurde. Kündigt also etwa der Arbeitgeber in Unkenntnis der Schwangerschaft - konsequenterweise ohne eine Zustimmung eingeholt zu haben - läuft die reguläre 3-Wochen-Frist.

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Die Weltanschauung als verpöntes Merkmal iSd AGG

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Weltanschauung AGG

Während die Religion im Sinne des § 1 AGG durch ihren transzendenten Bezug charakterisiert wird, ist das Merkmal der Weltanschauung deutlich schwieriger zu fassen. Beiden Begriffen gemein ist, dass es sich um eine mit der Person des Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und dem Ziel des menschlichen Daseins handelt. Bei der Weltanschauung fehlt allerdings der den Religionsbegriff prägende transzendente Bezug. Sie ist vielmehr auf innerweltliche Bezüge beschränkt, muss sich aber am Anspruch einer Religion messen lassen. Zu unterscheiden ist die Weltanschauung daher von einer politischen Einstellung. Ob und inwieweit letztere unter den Begriff der Weltanschauung fällt, ist noch nicht abschließend geklärt, dürfte aber grundsätzlich zweifelhaft sein.

Nicht als Weltanschauungen anzusehen sind jedenfalls persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen. In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG daher die Entschädigungsklage einer Journalistin abgewiesen, die sich darauf berief, ihr Vertrag mit der beklagten Rundfunkanstalt sei deshalb nicht verlängert worden, weil diese ihr eine zu regierungsfreundliche Haltung gegenüber der Volksrepublik China, über die sie berichtet hatte, unterstellt habe (BAG, Urt. v. 20.06.2013 - 8 AZR 482/12, Pressemitteilung unter www.bundesarbeitsgericht.de).

 Auch Scientology stellt keine Weltanschauung in diesem Sinne dar.

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Bestimmtheit einer Kündigung und Kündigungsfrist

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Kündigung Bestimmtheit

Eine Kündigungserklärung muss als Willenserklärung dem Bestimmtheitserfordernis genügen. Dies kann insbesondere im Zusammenhang mit der Berechnung der richtigen Frist für eine ordentliche Kündigung zu Problemen führen. Hier sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:

Erklärt der Arbeitgeber die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu einem konkreten Termin, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, so ist dem Bestimmtheitserfordernis genüge getan. Erweist sich der errechnete Termin als unzutreffend, so wird aus der Erklärung deutlich, dass der Arbeitgeber in jedem Fall die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt erklären will. Die Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung mit der Kündigungsschutzklage angreifen, es sei denn, er will darüber hinaus die Sozialwidrigkeit der Kündigung rügen.

Oft liegt der Fall aber auch anders: Der Arbeitgeber erklärt die ordentliche Kündigung zu einem bestimmten Termin, der, wie sich herausstellt, falsch berechnet ist. Hier ist die Erklärung des Arbeitgebers auszulegen. Ergibt sich dabei, dass der Arbeitgeber in jedem Fall eine Kündigung wollte - egal zu welchem Zeitpunkt, so ist seine Erklärung als Kündigung zum nächst zulässigen Termin zu werten. Auch hier muss der Arbeitnehmer nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage erheben, um die unzutreffende Fristberechnung zu rügen.

Wollte der Arbeitgeber dagegen eine Kündigung zum genannten Termin oder gar keine Kündigung - steht und fällt für ihn die Kündigung also mit der berechneten Frist - so liegt bei einer falschen Fristberechnung gar keine Kündigungserklärung vor. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben, wenn er die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen will.

 Enthält die Kündigungserklärung des Arbeitgebers gar keinen Beendigungstermin, sondern wird die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt unter Verweis auf die gesetzlichen Kündigungsfristen ausgesprochen, liegt nach Auffassung des BAG kein Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis vor (Urt. v. 20.06.2013 – 6 AZR 805/11; Pressemitteilung unter www.bundesarbeitsgericht.de

Kündigungsschutzrecht: Vorsicht bei der Prüfung von Überweisungsbelegen!

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Kündigungsschutz

Das LAG Hessen hatte sich jüngst mit der Kündigung einer Bankangestellten zu beschäftigen, die bei der Überprüfung von Überweisungsbelegen einen  - äußerst untypischen - Überweisungsbetrag übersehen hatte:

Ein Kollege der Kläger war offenbar bei der Bearbeitung eines Überweisungsauftrages kurz eingenickt und auf die Taste "2" geraten, so dass als Überweisungsbetrag anstatt 62,40 € 222.222.222,22 € eingegeben wurden. Der Klägerin fiel dies bei der Kontrolle des Überweisungsauftrages nicht auf. Der Fehler konnte allerdings noch rechtzeitig korrigiert werden. Da bei einer nachfolgenden Kontrolle auffiel, dass die Klägerin teilweise mehrere hundert Überweisungsbelege innerhalb weniger Sekunden überprüft haben wollte, warf der Arbeitgeber ihr vorsätzliche Täuschung über ihre Arbeitsleistung vor und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen.

Gegen die Kündigung setzte sich die Arbeitnehmerin erfolgreich zur Wehr. Ein solcher zwar gravierender aber einmaliger Fehler der Klägerin rechtfertige bei einer langjährigen Mitarbeiterin keine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Insofern fehlte es an der negativen Zukunftsprognose. Eine vorsätzliche Täuschung über die Arbeitsleistung konnnte der Klägerin nicht nachgewiesen werden.

Auch der vermeintliche "Rettungsanker" des Arbeitgebers, der Auflösungsantrag nach § 9 KSchG scheiterte im entschiedenen Fall.
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Der Tarifvorbehalt des § 77 III BetrVG

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Stichworte: Tarifrecht Betriebsverfassung

In der arbeitsrechtlichen Normenhierarchie können Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen konkurrieren. Die Besonderheit in diesem Fall besteht darin, dass der Gesetzgeber zur Sicherung der Tarifautonomie dem Tarifvertrag grundsätzlich einen Vorrang vor der Betriebsvereinbarung einräumt.

In § 77 III BetrVG heißt es:

„Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicher Weise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.“

Diese Regelung soll sicherstellen, dass Regelungsgegenstände, die von den Tarifvertragsparteien bereits behandelt wurden, nicht konkurrierend durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden. Hierdurch sind selbst günstigere Betriebsvereinbarungen grundsätzlich unzulässig. 

Die Regelungssperre umfasst das Arbeitsentgelt und die sonstigen formellen und materiellen Arbeitsbedingungen. 

Eine Regelung von Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag liegt dann vor, wenn über sie ein Tarifvertrag abgeschlossen ist und der Betrieb in dessen räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich fällt. Zudem müssen die von der Betriebsvereinbarung betroffenen Arbeitnehmer in den persönlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrages fallen. 

Unerheblich ist dagegen die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die geltende tarifliche Regelung für die Branche repräsentativ ist. 

Sieht eine Betriebsvereinbarung allerdings für die Gewährung von Leistungen von der tariflichen Regelung abweichende Voraussetzungen vor, liegt kein Verstoß gegen § 77 III BetrVG vor.

Befindet sich ein Tarifvertrag bereits nur noch im Nachwirkungsstadium, weil er abgelaufen ist, kommt ihm keine Sperrwirkung mehr zu. Er entfaltet dann keine zwingende Wirkung mehr und kann gemäß § 4 V TVG durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Ausreichend für den Eintritt der Sperrwirkung ist bereits, wenn die zu regelnde Angelegenheit üblicher Weise tariflich geregelt wird. Entscheidend ist hier die übliche Tarifpraxis. Werden über eine bestimmte Regelung Tarifverhandlungen geführt, so liegt eine Tarifüblichkeit regelmäßig vor. Nicht ausreichend ist dagegen eine reine Negativregelung im Tarifvertrag oder wenn die Parteien lediglich beabsichtigen, zukünftig eine entsprechende Regelung zu treffen.

Handelt es sich bei dem Regelungsgegenstand um eine Angelegenheit der zwingenden Mitbestimmung nach § 87 BetrVG, so greift die Regelungssperre des § 77 III BetrVG nicht ein. Das BAG erblickt in diesem Fall in § 87 I BetrVG die speziellere Regelung.

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Hochwasser und Arbeitsrecht

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Hochwasser Arbeitsrecht

Das Hochwasser hat die Menschen vor allem derzeit in Sachsen-Anhalt fest im Griff. Das kann auch unterschiedlichste Auswirkungen auf bestehende Arbeitsverhältnisse haben.

1. Der Vergütungsanspruch

Auch während einer Hochwasserkatastrophe besteht weiterhin grundsätzlich die Pflicht zur Arbeitsleistung. Arbeitsrechtlich gilt der Grundsatz "Ohne Arbeit, kein Lohn". Insbesondere trägt der Arbeitnehmer grundsätzlich das Risiko, zum Arbeitsplatz zu gelangen, sog. Wegerisiko. Kann er also wegen gesperrter Straßen oder Bahnstrecken, den Betrieb des Arbeitgebers nicht erreichen, muss der Arbeitgeber auch keine Vergütung für Zeiten zahlen, in denen der Arbeitnehmer deshalb nicht gearbeitet hat.

Von diesem Grundsatz bestehen allerdings Ausnahmen. So hat das BAG bereits im Jahr 1983 in Erwägung gezogen, § 616 BGB im Fall von Naturkatastrophen anzuwenden. Danach verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit aus einem in seiner Person liegendem Grund ohne sein Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert war. Hieran könnte zu denken sein, wenn der Arbeitnehmer auf Grund des Hochwassers seine persönlichen Sachen retten muss und deshalb der Arbeit fernbleibt. Der Verhinderungsgrund muss allerdings grundsätzlich alleine in der Sphäre des einzelnen Arbeitnehmers liegen und darf nicht auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern zutreffen. Letzteres wäre eigentlich bei einer Hochwasserkatastrophe der Fall, da diese nicht nur den einzelnen Arbeitnehmer trifft, sondern viele Menschen. Trotzdem wird eine entsprechende Anwendung hier in Betracht kommen. Zu beachten ist allerdings, dass die Verhinderung nur einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum andauern darf, d.h. im Regelfall nur wenige Tage. 

Trägt der Arbeitnehmer zwar das Risiko, zum Arbeitsplatz zu gelangen, so trägt der Arbeitgeber das Risiko, die angebotene Arbeitsleistung annehmen zu können. Kann er dies auf Grund einer Betriebsstörung nicht, so schuldet er trotzdem die Vergütung, sog. Betriebs- oder Wirtschaftsrisiko. . Kann der Arbeitgeber also seine Produktion nicht aufrechterhalten, weil er von Zulieferern nicht erreicht werden kann und deshalb die benötigten Waren für die Produktion fehlen, besteht ein Anspruch auf die Vergütung für die ausgefallenen Zeiten.

2. Freistellungsansprüche der Katastrophenhelfer

Die ehrenamtlichen Helfer von THW und Feuerwehr, die über mehrere Tage in den Katastrophengebieten im Einsatz sind, erbringen ihre eigentliche Arbeitsleistung in dieser Zeit regelmäßig nicht. Die jeweiligen Landesgesetze und das THW-Helferrechtsgesetz sehen für diese Fälle einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber vor. So heißt es in § 3 I THW-Helferrechtsgesetz etwa:

"Nehmen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer während der für sie maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit an Einsätzen oder Ausbildungsveranstaltungen teil, so sind sie für die Dauer der Teilnahme unter Weitergewährung des Arbeitsentgeltes, das sie ohne die Teilnahme erhalten hätten, von der Arbeitsleistung freigestellt"

Eine ähnliche Regelung für ehrenamtliche Feuerwehrfrauen/ -männer findest sich in Hessen beispielsweise in §11 II des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HessBrandKaSG).

Der Arbeitgeber ist daher nach diesen Vorschriften verpflichtet, den Arbeitnehmer insbesondere für Einsätze freizustellen und die Vergütung fortzuzahlen. Der private Arbeitgeber kann sich aber auf Antrag die geleistete Entgeltfortzahlung erstatten lassen, vgl. § 11 VIII (HessBrandKaSG).

Fällt der Katastropheneinsatz in den Erholungsurlaub des ehrenamtlichen Helfers, so sind die Urlaubstage, an denen der Einsatz statt fand, nachzugewähren. 

3. Direktionsrecht des Arbeitgebers

Denkbar ist in Katastrophenfällen auch, dass der Arbeitnehmer nicht als freiwilliger Helfer in der Feuerwehr oder dem THW, sondern auf Anordnung des Arbeitgebers Notstandsarbeiten erbringen soll.

Normalerweise darf der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts den Inhalt, Zeit und Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, wobei das Direktionsrecht allerdings seine Grenzen an den arbeitsvertraglichen Bestimmungen findet. Ist ein Mitarbeiter also als kaufmännischer Angestellter eingestellt, dürfen diesem auch nur Aufgaben, die zu einer solchen Tätigkeit gehören, übertragen werden. Auch bei Vorliegen einer sog. Versetzungsklausel, mit der Arbeitgeber sich die Übertragung anderweitiger Aufgaben, die den Fähigkeiten und Qualifikationen des Arbeitnehmers entsprechen, vorbehält, wird sich die Zuweisung grundverschiedener Tätigkeiten nicht rechtfertigen lassen.

Tritt nun allerdings der Katastrophenfall ein, ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers erweitert. Er kann dann vom Arbeitnehmer verlangen, Notstandsarbeiten, wie etwa das Befüllen von Sandsäcken, zu übernehmen, um den Betrieb vor dem Hochwasser zu schützen. Allerdings darf auch diese Tätigkeit dem Arbeitnehmer, etwa aus gesundheitlichen Gründen, nicht unzumutbar sein.

Im Katastrophenfällen können die sonst durch das ArbZG vorgegebenen Arbeitszeiten ausnahmsweise überschritten werden, § 14 I ArbZG.


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