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Betriebsvereinbarungen und Betriebsübergang

Ein Betriebsübergang hat nicht nur Folgen für die Einzelarbeitsverhältnisse, sondern wirft auch auf kollektivrechtlicher Ebene schwierige Fragestellungen auf.

Von erheblicher Praxisrelevanz ist die Frage nach dem Schicksal von Betriebsvereinbarungen im Betriebsübergang. Bestehen diese normativ fort? Wie und wann kann der Erwerber ggf. übergehende Betriebsvereinbarungen ändern?

Von erheblicher Bedeutung ist zunächst, ob der übergehende Betrieb oder Betriebsteil seine Identität beim Erwerber behält. Als grobe Richtschur gilt, dass die Identität dann erhalten bleibt, wenn der Erwerber die vor dem Übergang vorhandenen Organisationsstrukturen beibehält. Beim Betriebsteil ist zu prüfen, ob dieser auch beim Erwerber als eigenständige betriebsratsfähige Einheit unter Beibehaltung der organisatorischen Abgrenzbarkeit fortbesteht.

Bleibt in diesem Sinne die Identität von Betrieb oder Betriebsteil erhalten, gelten die Betriebsvereinbarungen beim Erwerber normativ fort. Dieser kann sie ggf. unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen und / oder durch eine neue Betriebsvereinbarung mit dem zuständigen Betriebsrat ablösen.

Diese kollektivrechtliche Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen kommt allerdings nicht in Betracht, wenn die Betriebsvereinbarung eine Regelung trifft, die mit den Verhältnissen und Einrichtungen im ursprünglichen Betrieb derart verknüpft ist, dass ihre unveränderte Weitergeltung beim Erwerber nicht in Betracht kommt. Hiervon sind insbesondere Betriebsvereinbarungen über Sozialeinrichtungen betroffen. Diese können, wenn überhaupt, nur modifiziert weitergelten.

Geht die Identität durch den Betriebsübergang verloren, gelten die ursprünglichen Betriebsvereinbarungen nicht kollektivrechtlich fort. Dies ist etwa der Fall, wenn der Erwerber den übergehenden Betrieb in einen anderen Betrieb eingliedert, so dass die Organisationsstruktur des alten Betrieb verloren geht. In dieser Konstellation übt § 613a Abs. 1 S. 2-4 BGB eine Auffangfunktion zum Schutz der Arbeitnehmer aus. Danach werden die ursprünglichen Betriebsvereinbarungen gem. § 613a Abs. 1 S. 2 BGB Inhalt der Arbeitsverhältnisse der übergehenden Arbeitnehmer. Sie können ein Jahr lang nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die betroffenen Regelungsgegenstände der einzelnen Betriebsvereinbarung beim Erwerber ebenfalls durch eine Betriebsvereinbarung geregelt sind. Vor Ablauf der Jahresfrist können die ursprünglichen Regelungen dann abgelöst werden, wenn die Betriebsvereinbarung vor Ablauf der Frist, etwa durch Zeitablauf, ohnehin geendet hätte.

Eine individualrechtliche Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen kommt zudem in Betracht, wenn der übernommene Betrieb aus dem Anwendungsbereich des BetrVG herausfällt, etwa wegen § 118 Abs, 2 BetrVG (bei Religionsgemeinschaften und ihren karitativen und erzieherischen Einrichtungen).



Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen

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Festlegung von Pausenzeiten durch den Arbeitgeber

Das ArbZG verpflichtet den Arbeitgeber, die Arbeit eines Arbeitnehmers durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Hieraus folgt, dass der Arbeitgeber die Pausenzeiten festlegen muss. 

Das BAG hat bereits entschieden, dass der Arbeitgeber dem nicht genügt, wenn er den Arbeitnehmern die Festlegung der Pausen überlässt. Nur festgelegte Pausenzeiten müssen seitens des Arbeitgebers nicht vergütet werden. Ruhepausen i. S. d. Arbeitszeitrechts sind Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen. Die Festlegung der Pausenzeiten muss nicht in jedem Einzelfall erfolgen. Vielmehr genügt der Arbeitgeber nach Auffassung des BAG (Urt. v. 23.09.1992 - 4 AZR 562/91) dieser Pflicht auch dann, wenn er eine Pausenregelung schafft, dies es dem Arbeitnehmer ermöglicht, seine Pausen im Sinne des § 4 ArbZG zu nehmen. Es muss sichergestellt sein, das der einzelne Arbeitnehmer während voraus bestimmter Zeiträume während der Arbeitsleistung seine Arbeit unterbrechen kann, ohne weiterhin bereit sein zu müssen, diese jederzeit wieder aufzunehmen. Hat der Arbeitnehmer dagegen trotz der Pausenregelung die Schicht durcharbeiten müssen, weil es ihm unmöglich gewesen ist, seine Pause zu machen, ist die geleistete Arbeitszeit vollständig zu vergüten. 

In einer neueren Entscheidung hat sich das LAG Köln (Urt. v. 27.11.2013 - 5 Sa 376/13) mit einem Dienstplan befasst, der pauschal eine Stunde pro Schicht für Pausen vorsah. Die Arbeitnehmer sollten selbst untereinander absprechen, wann welcher Arbeitnehmer Pause macht. Dies hatten die Arbeitnehmer allerdings unterlassen. Das LAG Köln entschied daher, dass der Arbeitgeber alleine durch die Regelung einer einstündigen Pause im Schichtplan seiner Pflicht zur Festlegung der Pausen im Sinne des § 4 ArbZG nicht genügt hat. Überlasst der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die Festlegung der individuellen Pausenzeit während der Schicht, muss er dafür sorgen, dass die Pausen auch tatsächlich genommen werden. Tut er dies nicht, hat er keine Pause gewährt und muss die tatsächlich geleistete Arbeitszeit auch vergüten.

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LAG Hessen: Manipulation bei der Arbeitszeiterfassung kann auch bei langer Betriebszugehörigkeit außerordentliche Kündigung rechtfertigen!

Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Manipulationen bei der Arbeitszeiterfassung scheinen im Bewusstsein einiger Arbeitnehmer allerdings eher Lappalien zu sein. Typisches Beispiel ist, dass für kurze Raucherpausen nicht ausgestempelt wird. Unterlässt ein Arbeitnehmer dies vorsätzlich, obwohl er seiner Arbeitsleistung nicht nachgekommen ist und Pause gemacht hat, und bezahlt der Arbeitgeber diese Zeiten als Arbeitszeit, liegt rechtlich ein Arbeitszeitbetrug zu Lasten des Arbeitgebers vor. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme (BAG, Urt. v. 9.6.2011 − 2 AZR 381/10). Diese Pflichtverletzung ist regelmäßig auch geeignet, dass Vertrauen des Arbeitgebers in den Mitarbeiter nachhaltig zu erschüttern.

Ob die bezahlten Pausen sich auf mehrere Stunden oder nur Minuten summieren, spielt dabei grundsätzlich keine Rolle. Genauso wie bei Diebstählen gibt es auch insofern keine Geringwertigkeitsschwelle.

Ein Arbeitszeitbetrug ist daher an sich geeignet eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Vor deren Ausspruch ist allerdings zu prüfen, ob nicht auch eine Abmahnung als milderes Mittel ausreichend ist. Bei Vermögensdelikten gegenüber dem Arbeitgeber ist eine Abmahnung in vielen Fällen entbehrlich, da der Arbeitnehmer erkennbar nicht damit rechnen konnte, der Arbeitgeber werde sein Fehlverhalten hinnehmen. Insoweit bedarf es aber immer eines genauen Blicks auf den Einzelfall. Zuletzt sind im Rahmen einer Interessenabwägung immer die beiderseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeneinander abzuwägen. Zu Gunsten des Arbeitnehmers kann beispielsweise eine langjährige beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit berücksichtigt werden. Das LAG Hessen (Urt. v. 17.02.2014 - 16 Sa 1299/13) hat in einem jüngeren Urteil allerdings selbst bei einer 25-jährigen beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit eine außerordentliche Kündigung für zulässig erachtet. Der betroffene Mitarbeiter hatte wiederholt private Pausen gemacht und dabei bewusst so getan als hätte er die Zeiterfassung mit dem zugehörigen Chip betätigt und damit ausgestempelt. In Wirklichkeit hatte er den Chip so abgedeckt, dass die Zeiterfassung nicht betätigt wurde. Dies konnte der Arbeitnehmer auch erkennen, da bei ordnungsgemäßer Betätigung ein akustisches Signal erfolgte. Dieser Vertrauensbruch wog nach Auffassung des LAG Hessen schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit.

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Kündigung wegen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts? Noch nicht einmal während der Wartezeit nach § 1 KSchG

Arbeitgeber reagieren manchmal empfindlich auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen Arbeitnehmer und betrachten dies als Affront. Dass die Einholung externen Rechtsrats zur Versachlichung der Situation beitragen kann, wird dabei meist übersehen.

In einem vor dem ArbG Dortmund (Urt. v. 12.02.2014 - 9 Ca 5518/13) entschiedenen Fall ging die Verärgerung des Arbeitgebers über ein Anwaltsschreiben seiner Arbeitnehmerin soweit, dass er ihr deshalb kündigte. Die Arbeitnehmerin hatte mit Anwaltsschreiben zur Genehmigung eines bereits eingetragen und später wieder gestrichenen Urlaubs aufgefordert. Dieses Vorgehen hatte der Arbeitgeber nach dem eigenen Vortrag als "irritierend" empfunden. Dies sei in seinem Hause weder "üblich" noch "gewünscht". 

Das Besondere an dem entschiedenen Fall war, dass die Klägerin die Wartezeit von sechs Monaten nach § 1 KSchG noch nicht absolviert hatte. Sie genoss damit noch keinen Kündigungsschutz, so dass der Arbeitgeber ihr eigentlich ohne Begründung hätte kündigen können. Da der Arbeitgeber die Kündigung aber selbst auf das Anwaltsschreiben zurückgeführt hat, lag ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB vor. Danach darf die zulässige Ausübung seiner Rechte durch den Arbeitnehmer nicht zu seiner Benachteiligung bei einer Maßnahme des Arbeitgebers führen. Hierunter fällt erst recht, wenn eine negative Maßnahme auf Grund der zulässigen Rechtsausübung ergriffen wird. Das ArbG Dortmund wertete die Kündigung als unangemessen und Bestrafung der Arbeitnehmerin für die Wahrnehmung ihres Rechts anwaltlichen Beistand hinzuziehen.

Es kann sich also lohnen, auch eine Kündigung in der Wartezeit überprüfen zu lassen. Selbst bei dem Ausspruch einer dem Anschein nach problemlosen Wartezeitkündigung können sich Fehler einschleichen. 

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Ist der Arbeitgeber Telekommunikationsanbieter?

Kaum ein Arbeitsplatz kommt heute noch ohne Internet und Telefon aus. Oft erlauben Arbeitgeber - entweder ausdrücklich oder zumindest stillschweigend - ihren Arbeitnehmern den betrieblichen Internet- oder Telefonanschluss auch (ggf. in gewissen Grenzen) privat zu nutzen. Mittlerweile sind allerdings Arbeitgeber vermehrt dazu übergegangen, Kommunikationsmittel ausschließlich zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Dies ermöglicht nicht nur eine einfachere Kontrolle etwa der E-Mail-Accounts der Mitarbeiter, sondern ist sicher auch der Diskussion um die Anwendbarkeit des TKG auf den Arbeitgeber geschuldet. Durch die Bereitstellung der Kommunikationsmöglichkeiten könnte der Arbeitgeber nämlich zum Diensteanbieter im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG werden, mit der Folge, dass er dem Pflichtenkatalog der §§ 88ff. TKG unterliegen würde. Er müsste folglich uneingeschränkt das Fernmeldegeheimnis wahren und durch technische Vorkehrungen oder sonstige Maßnahmen dafür sorgen, dass das Fernmeldegeheimnis gewahrt wird. 

Diensteanbieter im Sinne des TKG ist, wer ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienst mitwirkt. Geschäftsmäßig bedeutet gem. § 3 Nr. 10 TKG in diesem Zusammenhang das nachhaltige Angebot von Telekommunikation an Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht. Einigkeit besteht im Wesentlichen darin, dass die Voraussetzungen dieser Definition dann nicht erfüllt sind, wenn ein Arbeitgeber die private Nutzung der Kommunikationsmittel untersagt. Kontrovers diskutiert wird dagegen die Konstellation einer erlaubten Privatnutzung. Vielfach wird der Arbeitgeber in diesem Fall als Diensteanbieter angesehen und der oben genannten Pflichtenbindung unterworfen. 

Zur Begründung wird eine Passage aus den Gesetzesmaterialien zum TKG 1996 herangezogen, in der zum einen ausgeführt wird, dass eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorausgesetzt werde und u.a. auch Corporate Networks und Nebenstellenanlagen von Betrieben und Behörden erfasst seien, soweit sie den Beschäftigten zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt sind. Hierbei ist allerdings zu Beachten, dass diese Textpassage nicht den Begriff des Diensteanbieters im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG konkretisiert, sondern die Reichweite des Fernmeldegeheimnisses betrifft. Der Gesetzgeber dürfte hierbei lediglich das Verhältnis zwischen dem Telefon- bzw. Interanbieter und seinem Kunden(-unternehmen) im Blick gehabt haben. Das dieses selbstverständlich gleichermaßen für Nebenstellenanlagen gilt, ist einleuchtend. Eine Aussage über die Geltung des Fernmeldegeheimnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern im Fall einer erlaubten Privatnutzung ist damit allerdings nicht getroffen. 

Es erscheint fraglich, ob dem Gesetzgeber im Jahr 1996 überhaupt schon bewusst gewesen ist, wie die technische Entwicklung fortschreiten wird und insbesondere das Internet die Arbeitswelt prägen wird. Die damalige Vorstellung des Gesetzgebers dürfte vor dem Hintergrund der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes eher diejenige des klassischen Telekommunikationsunternehmens auf der einen und dem Kunden auf der anderen Seite gewesen sein. Im Arbeitsverhältnis ist allerdings der Arbeitgeber der Kunde. Dieser ermöglicht schlicht dem Arbeitnehmer Internet und / oder Telefon privat mitzunutzen. Alleine das historische Argument überzeugt deshalb kaum. 

Nimmt man den Wortlaut des § 3 Nr. 6 TKG ernst, lässt sich ein Arbeitgeber kaum hierunter subsummieren. Dies beginnt bereits bei der Geschäftsmäßigkeit. Der Arbeitgeber will mit der Ermöglichung der Privatnutzung zunächst keinen Gewinn erzielen. Vielmehr ist die erlaubte Privatnutzung von Internet, Handy oder Telefonat im Arbeitsrecht als Gehaltsbestandteil anerkannt. Der Arbeitgeber erhält daher keine Leistung vom Arbeitnehmer für die Privatnutzung. Vielmehr handelt es sich um einen Bestandteil der Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Diese Situation widerspricht aber evident dem Bild, welches der Gesetzgeber bei Erlass des TKG vor Augen hatte. Es geht gerade nicht um eine unternehmerische Kerntätigkeit gegenüber den Arbeitnehmern, sondern lediglich darum diesen durch die Privatnutzung das Leben zu vereinfachen, indem zum Beispiel während der Pausen kurz die privaten Mails abgerufen werden können oder Nachrichtenseiten aufgerufen werden können. 

Zweifelhaft ist zudem, ob der Arbeitnehmer im Fall der erlaubten Privatnutzung dem Arbeitgeber auch wie ein Dritter gegenüber steht. Auch dies wäre Voraussetzung für die Subsumtion unter den Begriff Diensteanbieter. Arbeitnehmer stehen dagegen im Lager des Arbeitgebers. Davon auszugehen, das Angebot der Privatnutzung an die Arbeitnehmer stelle an marktmäßiges Angebot an Dritte dar, überzeugt kaum. 

Deshalb haben im Ergebnis zutreffend das LAG Niedersachsen und das LAG Berlin-Brandenburg eine Anwendung des Fernmeldegeheimnisses gem. § 88 TKG auf den Arbeitgeber abgelehnt, da dieser nach Auffassung der Gerichte kein Diensteanbieter ist. In der Tat wäre die praktische Konsequenz völlig wiedersinnig: Der Arbeitgeber dürfte seine eigenen E-Mails nicht mehr lesen. Die dienstliche Kommunikation der Mitarbeiter würde zur Privatsache gemacht. Dies kann der Gesetzgeber 1996 nicht beabsichtigt haben. Die Gesetzbegründung ist daher aus dem Zusammenhang gerissen missverständlich. Arbeitgebern ist trotzdem auf Grund der überwiegenden Meinung derzeit Vorsicht angeraten. Das Fernmeldegeheimnis und der Datenschutz sollten ernst genommen werden. Es kann zudem für den Arbeitgeber durchaus ratsam sein, dem Problem aus dem Weg zu gehen, indem er die Privatnutzung ausschließt.


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BAG: Krematoriumsmitarbeiter muss Schadensersatz für entwendetes Zahngold leisten

Das BAG (Urt. v. 21.08.2014 - 8 AZR 655/13) hat ganz aktuell entschieden, dass ein Mitarbeiter eines Krematoriums seinem Arbeitgeber Schadensersatz leisten muss, wenn er bei der Einäscherung Edelmetallrückstände an sich nimmt und weiterverkauft. Dies ergebe sich aus den entsprechend anzuwendenden Regeln des Auftragsrechts. Gem. § 667 BGB muss der Beauftragte dem Auftraggeber alles herausgeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Dieser Grundsatz gilt entsprechend auch im Arbeitsrecht. Ein Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber grundsätzlich herausgeben, was er in Ausübung seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber erlangt.

Dies gilt nach Auffassung des BAG auch für Edelmetalle, die bei der Einäscherung in einem Krematorium anfallen. Ob der Arbeitgeber hieran Eigentum erlangt habe oder nicht, spiele deshalb keine Rolle. Da der beklagte Mitarbeiter das Zahngold bereits weiterveräußert hatte, muss er nun Schadensersatz leisten. 

Das BAG hat die Sache allerdings noch nicht endgültig entschieden, sondern an das LAG zurück verwiesen. Dieses muss nun klären, wem der Schadensersatzanspruch zusteht. Hintergrund ist, dass das Krematorium mittlerweile von einer Tochtergesellschaft betrieben wird. Es könnte folglich ein Betriebsübergang gem. § 613a BGB vorgelegen haben. Dann wäre die Tochtergesellschaft Anspruchsberechtigte. Die Entscheidung des BAG ist daher nur ein Etappensieg für die Klägerin.

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