Corona und der Rückkehrfragebogen

Gestern haben bei uns in Hessen die Sommerferien begonnen. Nachdem in diesem Jahr über Ostern an Urlaubsreisen auf Grund des Lockdowns nicht zu denken war, zieht es viele Arbeitnehmer in diesem Sommer umso mehr in die Ferne - jedenfalls im europäischen Ausland. Dies führt dazu, dass verstärkt vor einer ansteigenden Zahl der Neuinfektionen gewarnt wird. Für Arbeitgeber stellt sich deshalb aktuell die Frage, ob die Mitarbeiter nach ihrer Urlaubsrückkehr Auskunft über das Reiseziel und insbesondere einen etwaigen Aufenthalt in einem Risikogebiet geben müssen und insofern ein entsprechendes Fragerecht besteht.

Regelmäßig wird sich ein entsprechendes Fragerecht des Arbeitgebers aus der Fürsorgepflicht gem. § 618 BGB herleiten lassen. Schließlich ist er verpflichtet, durch entsprechende Maßnahmen die Mitarbeiter vor einer Ansteckung zu schützen. Typischerweise erfolgt die Abfrage hinsichtlich des Urlaubsortes nicht unstrukturiert oder rein mündlich, sondern mittels eines Formulars. Dieses wirft nicht nur arbeitsrechtliche Fragen im Verhältnis zum Mitarbeiter, sondern ggf. auch betriebsverfssungsrechtliche Fragen auf.

Ist im Betrieb des Arbeitgebers ein Betriebsrat gebildet, kommt im Hinblick auf ein verwendetes Formular ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 94 Abs. 1 BetrVG in Betracht. Danach bedarf ein Personalfragebogen der Zustimmung des Betriebsrats. Der Begriff des Personalfragebogens erfasst hierbei formularmäßige Zusammenstellungen von Fragen, die ein Arbeitnehmer beantworten soll und durch die Aufschlüsse über die Person, die Kenntnisse und Fertigkeiten des Arbeitnehmers gewonnen werden. Fragt ein Arbeitgeber formularmäßig nach der Urlaubsrückkehr der Mitarbeiter deren Urlaubsort und, ob es sich um ein Risikogebiet gehandelt hat, ab, handelt es sich hierbei um einen solchen mitbestimmungspflichtigen Personalfragebogen. Dieser liefert Erkenntnisse über die Person des Arbeitnehmers. Ob die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers grundsätzlich entsprechende Fragen gebietet oder nicht, oder ob dem Arbeitgeber ein Fragerecht zusteht, spielt für die mitbestimmungsrechtliche Beurteilung keine Rolle. 

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich darauf, ob der Arbeitgeber den Fragebogen einsetzen bzw. einen bereits mit dem Betriebsrat vereinbarten Fragebogen ändern darf. Der Betriebsrat kann jedoch weder die Einführung eines Personalfragebogens noch konkrete Fragestellungen verlangen. Inhaltlich hat der Betriebsrat jedoch insofern eine Einflussmöglichkeit auf die gestellten Fragen als er seine Zustimmung insgesamt verweigern kann, etwa wenn aus seiner Sicht bestimmte Datenerhebungen datenschutzrechtlich unzulässig sind. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über den Fragebogen einigen, so entscheidet nach § 94 Abs. 1 S. 2 und 3 BetrVG die EInigungsstelle.

Arbeitgeber sind gut beraten, die Zustimmung des Betriebsrats rechtzeitig einzuholen. Fehlt die erforderliche Zustimmung, sind die Mitarbeiter nicht verpflichtet, die Fragen zu beantworten. Ein Recht der Mitarbeiter bei der Beantwortung der Fragen mit Verweis auf die fehlende Mitbestimmung zu lügen, hat das BAG zwar abgelehnt (BAG v. 02.12.1999 - 2 AZR 724/98). Ob diese Entscheidung aber heute noch genauso ausfallen würde, darf bezweifelt werden.