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Das Übergangsmandat des Betriebsrats nach § 21a BetrVG

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wetzlar Wiesbaden

Stichworte: Betriebsrat Übergangsmandat


Werden Betrieb gespalten oder zusammengelegt, stellt sich häufig die Frage nach den Rechtsfolgen für die betriebsverfassungsrechtlichen Organe. Überwiegend wird der Grundsatz anerkannt, dass der Betriebsrat solange sein Vollmandat auch bei Umstrukturierungen oder Inhaberwechsel behält, solange der Betrieb seine Identität wahrt.


Der Gesetzgeber ist zudem bestrebt, in den umstrukturierten Betrieben eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden. §21 a BetrVG regelt deshalb unter bestimmten Voraussetzungen ein Übergangsmandat des Betriebsrats auch wenn der Betrieb seine Identität im Rahmen einer Umstrukturierung verliert.
Wird ein Betrieb gespalten, bleibt des Betriebsrat gem. §21a I BetrVG im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, sofern diese die Voraussetzungen des §1 I 1 BetrVG (mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer, von denen drei wählbar sind) erfüllen und sie nicht in einen anderen Betrieb eingegliedert werden. In diesem Fall behält der Betriebsrat sein Mandat für eine Übergangszeit. Auf die Art und Weise der Spaltung kommt es nicht an. 

Zu unterscheiden ist begrifflich zwischen Abspaltung und Aufspaltung. Bei der Abspaltung wird lediglich eine betriebsratsfähige Einheit ausgegliedert. Der Restbetrieb behält regelmäßig seine Identität, so dass der Betriebsrat für diesen weiterhin ein Vollmandat hat und das Übergangsmandat für die abgespaltene Einheit wahrnimmt. Bei der Aufspaltung wird der Betrieb dagegen in mehrere Betriebe aufgeteilt, wobei die Betriebsidentität verloren geht. Es entstehen neue Betriebe oder die Einheiten werden mit anderen Betrieben zusammengelegt. In diesem Fall hat der Betriebsrat insgesamt nur noch ein Übergangsmandat.

Bei ihr entstehen regelmäßig zwei neue Einheiten, so dass der ursprüngliche Betrieb seine Identität verliert. Eine Identitätsänderung liegt dagegen nicht vor, wenn ein Betriebsteil stillgelegt wird. In diesem Fall besteht daher auch kein Übergangsmandat.

Der Betriebsrat, der das Übergangsmandat wahrnimmt, hat unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen und damit Neuwahlen einzuleiten. Mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses endet dann das Amt des ursprünglichen Betriebsrats. Ist auch 6 Monate nach der Spaltung noch kein neuer Betriebsrat gewählt, so endet das Übergangsmandat des „alten“ Betriebsrats gem. § 21a I 3, letzter Halbsatz BetrVG.

§21a II BetrVG normiert das Übergangsmandat bei der Zusammenfassung von Betrieben bzw. Betriebsteilen. Werden Betriebe oder Betriebsteile zu einem Betrieb zusammengefasst, so nimmt der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils das Übergangsmandat wahr. Durch die Zusammenfassung muss allerdings ein neuer Betrieb entstehen.

Von der Zusammenfassung von Betrieben ist die Eingliederung in einen bestehenden Betrieb zu unterscheiden. Ob eine Eingliederung oder eine Zusammenfassung vorliegt, lässt sich nur anhand von Hilfskriterien im Einzelfall feststellen. Hier können insbesondere die Arbeitnehmerzahlen in den beteiligten Einheiten ein Rolle spielen, sowie der Gesamteindruck vor und nach der Umstrukturierung. Bei einer Eingliederung behält der Betrieb, der die andere Einheit aufnimmt seine betriebsverfassungsrechtliche Identität, so dass der im aufnehmenden Betrieb bestehende Betriebsrat sein Vollmandat nun auch für die hinzukommenden Arbeitnehmer wahrnimmt.

§21a II BetrVG gilt allerdings für den Fall der Eingliederung in einen betriebsratslosen Betrieb. Ist der nach der Zahl der Arbeitnehmer größte Betrieb betriebslos, so nimmt der Betriebsrat des nächstkleineren Betriebs das Übergangsmandat wahr.

Das Übergangsmandat endet spätestens mit Ablauf von 6 Monaten nach der Spaltung oder Zusammenlegung. Für den Fristbeginn ist allerdings eine Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber über die Umorganisation erforderlich. Das Übergangsmandat ist rechtlich gesehen ein zeitlich befristetes Vollmandat. Der Betriebsrat kann während der Zeit des Übergangsmandats uneingeschränkt sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben wahrnehmen.

Das Übergangsmandat ist zu trennen vom Restmandat nach §21b BetrVG. Im Gegensatz zum Übergangsmandat, das gegenüber der Leitung der neu entstandenen Einheit ausgeübt wird, regelt das Restmandat das Verhältnis des Betriebsrats zur Leitung der ursprünglichen betriebsverfassungsrechtlichen Einheit. Zudem ist das Restmandat auf die Wahrnehmung von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten im Zusammenhang mit der Spaltung, Zusammenlegung oder Stilllegung beschränkt.

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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Kündigung wegen Beleidigung - LAG Rheinland-Pfalz - 8 Sa 361/10

 

Stichworte: Kündigung Arbeitsbefreiung

Beleidigungen gegenüber den Vorgesetzten sind immer wieder Gegenstand von außerordentlichen oder ordentlichen Kündigungen und anschließenden Kündigungsschutzverfahren.

Das LAG Rheinland-Pfalz hatte im Jahr 2011 (Urt. v. 04.05.2011 - 8 Sa 361/10) darüber zu entscheiden, ob eine ordentliche Kündigung auf Grund der Aussage "Sie haben hier nichts mehr zu sagen, Ihre Zeit ist abgelaufen." gegenüber dem Chef und Arbeitgeber sozial gerechtfertigt war.

Der Arbeitnehmer und Kläger  war seit 2003 bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Ob die streitgegenständliche Aussage im Februar 2010 tatsächlich gefallen war, war zwischen den Parteien streitig, stand aber nach erfolgter Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

Das LAG Rheinland-Pfalz hielt die Kündigung für sozial gerechtfertigt. Das Gericht betont, dass grobe Beleidigungen eines Vorgesetzten, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen, die ggf. sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung dem Grunde nach rechtfertigen könnten. Durch die Aussage "Sie haben hier nichts mehr zu sagen, Ihre Zeit ist abgelaufen." habe der Kläger seine Miss- bzw. Nichtachtung des Beklagten als Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, grobe und unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position des Vorgesetzten führen können, hinzunehmen. Auch eine vorherige Abmahnung sei auf Grund der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich gewesen, da der Arbeitnehmer von vorne herein nicht darauf habe vertrauen dürfen, der Arbeitgeber werde sein Verhalten billigen.

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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Der Gewerkschaftsbegriff

 

Stichworte: Arbeitsrecht Gewerkschaft

Seit mehr als zwei Jahren beschäftigen die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für die Zeitarbeit und Personal Service-Agenturen (CGZP), die von abgeschlossenen Tarifverträge und die Auswirkungen ihrer Unwirksamkeit die Rechtsprechung. Anlass genug, die wesentlichen Kernpunkte ausgehend vom Gewerkschaftsbegriff noch einmal zusammenzustellen.

§ 2 I - III TVG regeln, wer Partei eines Tarifvertrages sein kann. Auf Seiten der Arbeitnehmer sind dies die Gewerkschaften und ggf. auch ihre Spitzenorganisationen. Bei einer Gewerkschaft handelt es sich um eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder vergleichbaren Personen, die freiwillig zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gebildet wurde und demokratisch organisiert ist. Sie muss zudem gegnerfrei sein, d.h. unbeeinflusst von der Gegenseite, also den Arbeitgebern. Ebenso wenig darf aber eine Abhängigkeit vom Staat bestehen. Zudem muss sie überbetrieblich sein und das geltende Tarifrecht für sich als maßgebend anerkennen. Nach herrschender Meinung muss die Vereinigung auch dazu gewillt sein, Arbeitskämpfe zu führen und Tarifverträge abzuschließen.

Damit sachgerechte Tarifabschlüsse erzielt werden können, muss eine Gewerkschaft eine ausreichende Durchsetzungsfähigkeit oder auch "soziale Mächtigkeit" aufweisen. Wäre dies bei einer Vereinigung von Arbeitnehmern nicht der Fall, fehlte es an der Richtigkeitsgewähr für die von ihr abgeschlossenen Tarifverträge. Die "soziale Mächtigkeit" lässt sich nur anhand verschiedener Indizien ermitteln. Hierzu gehören etwa die Mitgliederzahl, der Organisationgrad sowie die Sachmittel- und Personalausstattung.

Spitzenorganisationen der Gewerkschaften wie etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) können dann für ihre Mitgliedsgewerkschaften Tarifverträge abschließen, wenn sie von einer Mitgliedsgewerkschaft dazu bevollmächtigt wurde, für sie einen Tarifvertrag abzuschließen, oder der Abschluss von Tarifverträgen zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Spitzenorganisation gehört.
Außerdem steht die Tariffähigkeit und -zuständigkeit einer Spitzenorganisation unter dem Vorbehalt, dass ihre Mitglieder selbst tariffähig und -zuständig sind.

An dieser Stelle setzte nun die Problematik bei der CGZP an. Nach ihrer Satzung aus dem Jahr 2002 war die CGZP selbst und nicht ihre Mitgliedsvereinigungen für den Abschluss von Tarifverträgen zuständig. Diese wiederum waren nach ihrer eigenen Satzung nicht für Tarifverträge im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung zuständig. Erst nach einer Satzungsänderung 2009 durften die Mitgliedsvereinigungen auch eigenständig Tarifverträge mit Arbeitgebern im Bereich der Zeitarbeit abschließen. Tatsächlich schloss dann die CGZP eine Vielzahl von Tarifverträgen für die Leiharbeitsbranche ab.

Das BAG entschied in einem Aufsehen erregenden Beschluss vom 14.12.2010, dass die CGZP nicht tariffähig sei. Die Mitglieder der CGZP hätten nicht ihre vollständige Tariffähigkeit auf die CGZP übertragen. Eine Beschränkung der Tariffähigkeit auf einen Teil des Zuständigkeitsbereichs der Mitgliedsvereinigungen sei nicht möglich. Insofern ist die Tarifzuständigkeit nach Auffassung des BAG unteilbar.

Hinzu kam, dass der für die CGZP satzungsmäßig festgelegte Organisationsbereich - die Arbeitnehmerüberlassung - gar nicht zum Organisationsbereich der Mitgliedsvereinigungen gehörte.

Das BAG hielt daher die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge für unwirksam. Die in den Tarifverträgen der CGZP zu Lasten der Arbeitnehmer vorgesehene Abweichung vom equal-pay-Grundsatz führte dazu, dass die betroffenen Arbeitnehmer nun weitergehende Ansprüche gegen die Zeitarbeitsfirmen hatten. Ebenso konnten die Sozialversicherungsträger wegen ausstehender Sozialabgaben Nachforderungen erheben.

RA Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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Schulungen von Betriebsratsmitgliedern

 

Stichworte: Schulung Betriebsrat

Insbesondere neu gewählte Betriebsräte verfügen regelmäßig nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um ihren Aufgaben gerecht werden zu können, sondern müssen sich diese erst aneignen. Dass dies kaum im Selbststudium möglich ist, hat der Gesetzgeber erkannt und deshalb hierzu in § 37 VI und VII BetrVG Regelungen getroffen.

Gem. § 37 VI, II BetrVG kann der Betriebsrat beschließen, Betriebsratsmitglieder an Schulungen teilnehmen zu lassen. Hat der Betriebsrat beschlossen, dass ein bestimmtes Betriebsratsmitglied an einer Schulung teilnehmen soll, so hat dieses gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch darauf, für die Dauer der Schulung von der Arbeitsleistung freigestellt zu werden. Die Kosten der Schulung hat der Arbeitgeber zu tragen.

Der Beschluss muss die Namen der zu schulenden Betriebsratsmitglieder aufführen und die Dauer der Schulung nennen. Zudem müssen konkrete Angaben über die Schulung und ihre Inhalte gemacht werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Schulung auch erforderlich ist, d.h. der Betriebsrat die im Rahmen der Schulung vermittelten Kenntnis benötigt, um aktuelle Aufgaben im konkreten Betrieb oder typischerweise zukünftig anfallende Aufgaben bewältigen zu können. Bei der Frage, ob die Schulungsmaßnahme erforderlich ist, steht dem Betriebsrat ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Wesentlich bei der Abwägungsentscheidung ist u.a. der aktuelle Wissensstand der Betriebsratsmitglieder. Die Darlegung der Erforderlichkeit wird lediglich bei noch ungeschulten Betriebsratsmitgliedern entfallen können. Bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern werden insbesondere die Schulungen zum Betriebsverfassungsrecht und allgemeinen Arbeitsrecht für die Aufgabenwahrnehmung wohl immer erforderlich sein. Gleiches wird für Schulungen zur Unfallverhütung und zum Arbeitsschutz vertreten.

Auch bei der Dauer der Schulungsmaßnahme hat der Betriebsrat eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Allgemein kann man hier sagen, dass je wichtiger die Schulungsinhalte für die Betriebsratsarbeit sind und je geringer der Wissensstand des Betriebsratsmitglied ist, desto länger darf auf die Schulung sein. Allerdings hat der Betriebsrat auch hier die berechtigten Belange des Arbeitgebers in seine Abwägung einzubeziehen und insbesondere auch die Kostenbelastung zu berücksichtigen.

Ob die Schulung erforderlich war, ist vom Arbeitsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Es prüft nur, ob die Schulung der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben im konkreten Fall diente und, ob der Betriebsrat die Interessen des Arbeitgebers bei seiner Abwägung nicht unbeachtet gelassen hat.

Das Betriebsratsmitglied ist unter diesen Voraussetzungen für die Dauer der Schulung von der Arbeitsleistung freizustellen. Ihm ist für die Zeit das Entgelt fortzuzahlen, wobei das Lohnausfallprinzip gilt. Das Betriebsratsmitglied ist dabei genauso zu behandeln, als hätte es nicht an der Schulung teilgenommen, sondern hätte regulär gearbeitet.

Kann die Schulung aus betrieblichen Gründen nur außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfinden, so steht dem teilnehmenden Betriebsratsmitglied ein Anspruch auf Freizeitausgleich zu, § 37 VI 1 i.V.m. III. Dieser ist innerhalb eines Monats nach der Schulungsteilnahme zu gewähren. Kann der Freizeitausgleich nicht gewährt werden, so ist die Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

Die Voraussetzungen, die an das Vorliegen betriebsbedingter Gründe gestellt werden, sind allerdings hoch. Dem Betriebsratsmitglied muss es auf Grund der betrieblichen Organisation nicht möglich sein, die Schulung während der regulären Arbeitszeit zu besuchen. Ein Beispiel könnten hier etwa ungewöhnlichere Arbeitszeitmodelle oder ein Schichtbetrieb sein.

Daneben steht dem einzelnen Betriebsratsmitglied während seiner Amtszeit ein besonderer "Bildungsurlaub" gem. § 37 VII BetrVG zu. Danach hat es Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch besteht bei neugewählten Betriebsratsmitgliedern für einen Zeitraum von insgesamt 4 Wochen, ansonsten für einen Zeitraum von insgesamt 3 Wochen. Die Kosten für die Schulung muss das Betriebsratsmitglied im Rahmen des § 37 VII BetrVG aber selbst tragen.

RA Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Betriebsratswahlen

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wetzlar Wiesbaden

Stichworte: Anfechtung Betriebsratswahl

Bei einer Betriebsratswahl können schon auf Grund der Komplexität der Wahlvorschriften leicht Fehler unterlaufen. So sind Verstöße gegen Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren möglich. Zu unterscheiden ist zwischen Fehlern, die zur Nichtigkeit der Wahl führen und solchen, die eine Anfechtung der Wahl ermöglichen. Eine typischer Fall der Verletzung von Vorschriften über das Wahlrecht ist etwa, dass nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer gewählt haben oder - umgekehrt - wahlberechtigte Arbeitnehmer nicht mitwählen durften.

In den aller meisten Fällen führen Fehler bei einer Betriebsratswahl nur zur Anfechtbarkeit der Wahl mit Wirkung für die Zukunft. Eine Nichtigkeit der Wahl liegt nur dann vor, wenn grob und offensichtlich gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wurde. Es darf nicht einmal mehr der Anschein einer fehlerfrei Wahl gewahrt sein.

Erreicht die Schwere des Fehlers nicht diese Vorgaben, so ist die Wahl lediglich anfechtbar und dies auch nur mit Wirkung für die Zukunft. Hierzu ist gem. § 19 I BetrVG weitere Voraussetzung, dass der Fehler nicht rechtzeitig berichtigt wurde und durch ihn das Wahlergebnis geändert oder beinflusst werden konnte. Berechtigt zur Anfechtung der Betriebsratswahl sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber.

Gem. § 19 Abs. 2 BetrVG muss die Wahl innerhalb von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, beim Arbeitsgericht angefochten werden. Im Gegensatz dazu kann die Nichtigkeit der Betriebsratswahl von jedermann und zu jeder Zeit geltend gemacht werden. Auch einer bestimmten Form bedarf es nicht.

Liegt ein Fehler vor, der zur Nichtigkeit der Wahl führen würde, kann bereits während der Durchführung des Wahlverfahrens im Wege der einstweiligen Verfügung der Abbruch der Wahl erreicht werden. Würde der Fehler dagegen nur zur Anfechtbarkeit führen, scheidet eine einstweilige Verfügung regelmäßig aus, da auch eine anfechtbare Wahl zunächst als gültig behandelt werden soll.

Wird im Anfechtungsverfahren vom Gericht rechtskräftig festgestellt, dass die Wahl unwirksam ist, so sind im Betrieb Neuwahl durchzuführen. Richtete sich der Antrag dagegen lediglich auf die Korrektur des Wahlergebnisses, kann das Gericht rechtsgestaltend das zutreffende Wahlergebnis feststellen.

Da die Anfechtung nur für die Zukunft wirkt, bleiben Rechtshandlungen, die der Betriebsrat bis dahin vorgenommen hat, wirksam. Eine nachträgliche Berichtigung des Wahlergebnisses kommt nur in Betracht, wenn der Wahlvorstand bei der Feststellung des Wahlergebnisses Fehler gemacht hat und die Wahl im Übrigen ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Auch der Sonderkündigungsschutz der Betriebsratsmitglieder endet erst mit rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl.

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Kündigung wegen Privattelefonaten im OP?

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Stichworte: Kündigung Privattelefonate

In einer aktuellen Entscheidung hatte sich das BAG mit der Frage zu befassen, ob Telefonate eines Chefarztes während der Durchführung von Operationen auch ohne Abmahnung einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können.

Sachverhalt:

Gegenstand des Kündigungsschutzverfahrens waren drei fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigungen.

Der Kläger war Chefarzt bei der Beklagten und dort bereits seit 2005 beschäftigt. Ihm oblag die Führung und fachliche Leitung seiner Abteilung und die fachliche Aufsicht über die Operationsabteilung. Unstreitig hat der Kläger den Handapparat seines Diensttelefons, welches - ebenso wie sein Mobiltelefon - in die interne Telefonliste des Krankenhauses eingetragen war, mit in den Operationssaal genommen, wenn er Operationen durchführte. Der Kläger argumentierte, er habe nur dienstliche Gespräche im OP geführt. Dies sei bei der Beklagten auch allgemein üblich und habe unter am anderem auch vermehrt mit dem krankheitsbedingten Ausfall seiner Sekretärin in Zusammengestanden. Auch die Anrufe auf seinem Mobiltelefon seinen dienstlicher Natur gewesen.

Die Beklagte behauptete dagegen, der Kläger hätte mehrfach Operationen wegen Privatgesprächen unterbrochen und dabei unter anderem auch den Operationssaal für mehr als fünf Minuten verlassen.

Entscheidung:

Die klagestattgebenden Entscheidungen hielten auch der revisionsgerichtlichen Überprüfung durch das BAG stand.

Das BAG betonte allerdings zunächst, dass das Verhalten des Klägers eine erhebliche Vertragspflichtverletzung darstelle. Ob Telefonate im Operationssaal bei der Beklagten üblich und nicht untersagt seien, sei insofern nicht von Bedeutung. Vielmehr sei es die Pflicht des Klägers - insbesondere auch unter Berücksichtigung seiner Führungsposition - gewesen, Störungen der Konzentration des Operationsteams zu vermeiden. Nach der Beweiswürdigung durch das LAG, die das BAG nicht beanstandete - stand fest, dass der Kläger nicht nur dienstlich veranlasste Gespräche, sondern - wenn auch in geringerem Maße - Privatgespräche geführt hat.

Im Ergebnis war das BAG allerdings der Auffassung, es sei der Beklagten zumutbar, den Kläger weiterzubeschäftigen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls wäre eine Abmahnung als milderes Mittel ausreichend gewesen. Hierbei berücksichtigte das BAG insbesondere, dass die Beklagte dienstliche Telefonate im Operationssaal in der Vergangenheit geduldet hatte. Das vertragswidrige Verhalten erscheine dadurch in einem anderen Licht. Die kurzen und vereinzelten pflichtwidrigen Privattelefonate des Klägers berechtigten die Beklagte nicht, vom Ausspruch einer Abmahnung abzusehen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Abmahnung nicht geeignet gewesen wäre, eine Verhaltensänderung beim Kläger zu bewirken, lagen nach Auffassung des BAG nicht vor.

RA Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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