Teilnahmepflicht an elektronischem Warn- und Berichtssystem

Ist die Einführung eines elektronisches Warn- und Berichtssystems und die damit verbundene Erhebung, Nutzung und Speicherung personenbezogener Daten der Arbeitnehmer gem. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zulässig, kann die Verweigerung einer Teilnahme durch einen Arbeitnehmer nach einer entsprechenden Abmahnung einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.

Ist die Einführung eines elektronisches Warn- und Berichtssystems und die damit verbundene Erhebung, Nutzung und Speicherung personenbezogener Daten der Arbeitnehmer gem. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zulässig, kann die Verweigerung einer Teilnahme durch einen Arbeitnehmer nach einer entsprechenden Abmahnung einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.

Das BAG musste sich in jüngerer Zeit (Urt. v. 17.11.2016 - 2 AZR 730/15) mit einer Kündigung befassen, die auf die Weigerung des Arbeitnehmers, an einem elektronischen Warn- und Berichtssystem teilzunehmen, gestützt wurde. Der Arbeitnehmer war beim beklagten Arbeitgeber als Busfahrer angestellt. Arbeitgeber und Betriebsrat hatten eine Betriebsvereinbarung über ein elektronisches System zur elektronischen Auswertung von Fahrereignissen abgeschlossen. Das System informierte die Busfahrer beispielsweise über hochtouriges Fahren, scharfes Bremsen, starkes Beschleunigen und Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die entsprechenden Daten wurden aufgezeichnet.

Die Busfahrer konnten entweder freiwillig in personalisierter Form an dem System teilnehmen, womit ggf. Prämienzahlungen verbunden waren, oder lediglich durch Eingabe eines anonymisierten Schlüssels. Der gekündigte Arbeitnehmer hatte sich trotz mehrfacher Erläuterung des Systems und vorhergehender Abmahnung geweigert, den anonymisierten Schlüssel zu verwenden.

Das BAG hielt die Betriebsvereinbarung für rechtmäßig und sah darin insbesondere keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers. Die Datenerhebung sei gem. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG gerechtfertigt. Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse an der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung. Dieses bestehe darin, dass die Busfahrer zu einer vorausschauenden und sparsamen Fahrweise angehalten würden. Hierdurch sei auch die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG betroffen. Das Ziel, die Busfahrer zu einem ökonomisch und zur Kundenzufriedenheit beitragenden Fahrverhalten anzuhalten, sei legitim. Zur Erreichnung des Ziels war nach Auffassung des BAG die Teilnahme aller Busfahrer am elektronischen System auch geeignet und erforderlich. Durch dieses System sollten Durchschnittswerte ermittelt und bei erheblichen Abweichungen ein konkreter Schulungsbedarf identifiziert werden.

Ein milderes Mittel zur Erreichung des legitimen Ziels vermochte das BAG nicht zu erkennen. Weder eine freiwillige Teilnahme der Busfahrer ohne Speicherung der Fahrdaten oder eine Begleitung durch Fahrtrainer seien in gleicher Weise geeignet. Die Maßnahme des Arbeitgebers war aus Sicht des BAG auch verhältnismäßig, da das System letztlich primär einer Selbstkontrolle der Fahrer diene. Eine personalisierte Leistungskontrolle sei ohne Zustimmung des Fahrers nur aus gegebenem Anlass und nur zur Ermittlung des Schulungsbedarfs zulässig. Da die Datenerhebung somit gem. § 32 Abs. 1 BDSG datenschutzrechtlich zulässig war, begründete die Betriebsvereinbarung eine arbeitsrechtliche Verpflichtung der Busfahrer, jedenfalls in anonymisierter Form an dem elektronischen Warn- und Berichtssystem teilzunehmen. Auf Grund der wiederholten Verweigerung des klagenden Arbeitnehmers an dem System teilzunehmen, hielt die Kündigung der gerichtlichen Überprüfung letztlich stand.

Das BAG hat nicht entschieden, ob die Betriebsvereinbarung bereits an sich schon eine Rechtsgrundlage für die Datenerhebung darstellt. Das neue BDSG stellt ab dem 28.05.2018 ausdrücklich klar, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses, auf der Grundlage von Kollektivvereinbarungen zulässig ist. Inhaltlich muss sich eine solche Kollektivvereinbarung allerdings auch weiterhin am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen, wie ihn das BAG auch in geschilderten Fall angewandt hat.