Beschäftigung von Praktikanten und Studenten

Was müssen Arbeitgeber beachten?

Vorteile für beide Seiten

Die Beschäftigung von Schülern und Studenten kann sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Beschäftigten zahlreiche Vorteile bieten. Schüler und Studenten können auf diese Weise zunächst prüfen, ob das betreffende Berufsbild ihnen zusagt, sowie erste praktische Kenntnisse und Erfahrungen sammeln. Natürlich spielt daneben auch oft der Wunsch nach einem Nebenverdienst ein wichtige Rolle. Für den Arbeitgeber bietet sich die Möglichkeit potentielle Fachkräfte frühzeitig kennenzulernen und entwickeln zu können. Daneben sind gerade Studenten begehrte Aushilfskräfte, die helfen können, mittels einer kurzfristigen Beschäftigung auf Auftragsspitzen reagieren zu können.

Die richtige Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses ist dagegen nicht ohne Risiko. Insbesondere spielt hierbei die Abgrenzung zwischen Praktikumsverhältnis und Arbeitsverhältnis eine entscheidende Rolle. Zudem stellt sich in der Praxis häufig die Frage nach der Anwendung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) auf das jeweilige Rechtsverhältnis. Arbeitgeber sollten daher vor Aufnahme der Beschäftigung sorgfältig prüfen, welche arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Folgen damit verbunden sind.

Der "einfachste" Fall: Pflichtpraktika

Am unproblematischsten sind Pflichtpraktika, die entweder vom schulischen Lehrplan oder in der Studienordnung einer Universität verbindlich vorgesehen sind und während der Schulzeit bzw. während des Studiums erfolgen. Bei solchen Praktika handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis. Sie sind grundsätzlich sozialversicherungsfrei, da typischerweise keine Vergütung gezahlt wird. Aus diesem Grund wird auch keine Lohnsteuer fällig. Wird dagegen eine Vergütung vereinbart, sind die sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Vorgaben zu beachten.

Eine Pflicht zur Zahlung einer Vergütung besteht bei Pflichtpraktika nicht. Das MiLoG findet auf sie keine Anwendung. § 22 Abs. 1 Nr. 1 MiLoG bestimmt zwar grundsätzlich die Anwendbarkeit des Mindestlohnes auch für Praktikanten, sieht jedoch eine Ausnahme für Praktika vor, die verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie zu leisten sind. Die zeitliche Dauer des Praktikums spielt dabei keine Rolle.

Wird eine Vergütung bezahlt, besteht für den Praktikanten aber kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung und kein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Handelt es sich bei dem Praktikum um ein vorgeschriebenes Vor- oder Nachpraktikum, bedarf es hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht einer genauen Betrachtung des Einzelfalls, denn grundsätzlich gilt ein solches Praktikum als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. In der Kranken- und Pflegeversicherung kann aber unter Umständen eine bestehende Familienversicherung vorrangig sein. Arbeitsrechtlich handelt es sich jedenfalls bei Vorpraktika, die Voraussetzung für eine erst noch erfolgende Immatrikulation sind, regelmäßig um eine Beschäftigung zum vorrangigen Erwerb von beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten im Sinne von § 26 BBiG. Dieser verweist mit einzelnen Einschränkungen auf die §§ 10-23 und 25, so dass solche Praktikanten in einigen Bereichen den Auszubildenden gleichgestellt werden. Dies gilt u.a. für die Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung im Sinne von § 17 BBiG, die Vorschriften zur Kündigung in § 22 BBiG sowie die Vereinbarung einer Probezeit. Dabei kann die Probezeit allerdings im Vergleich zu einem Ausbildungsverhältnis abgekürzt werden.

Die Behandlung von freiwilligen Praktika

Arbeitsrechtlich ist zunächst eine Abgrenzung zwischen Praktikum und Arbeitsverhältnis vorzunehmen. Diese orientiert sich daran, ob in dem Beschäftigungsverhältnis die Erbringung einer Arbeitsleistung (dann: Arbeitsverhältnis) oder der Erwerb von beruflichen Kenntnissen, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen einer Gesamtausbildung im Vordergrund steht. Das MiLoG hat nunmehr eine gesetzliche Definition des Praktikums eingeführt. Gem. § 22 Abs.1 S.3 MiLoG ist Praktikantin oder Praktikant, unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.

Die Abgrenzung im Einzelfall ist in der Praxis oftmals nicht ganz einfach. Nicht ausschlaggebend ist die vertragliche Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, sondern die tatsächliche Durchführung. Die Gefahr besteht für Arbeitgeber darin, dass eine falsche Einordnung als Praktikum, obwohl tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt dazu führen kann, dass auf Grund des zwingend zu zahlenden Mindestlohnes erhebliche Nachzahlungspflichten auf den Arbeitgeber zukommen können. Auch wenn für die freiwilligen Praktika wegen §§ 26, 17 BBiG regelmäßig eine Vergütungspflicht in angemessener Höhe besteht, so entspricht die in der Praxis gezahlte Vergütung zumeist mehr einer Aufwandsentschädigung.

Aus diesem Grunde sollten Arbeitgeber auch mit freiwilligen Praktikanten einen Praktikumsvertrag abschließen. In diesem sollten insbesondere die Lernziele und zu vermittelnde Kenntnisse festgelegt werden. Da letztlich aber die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses entscheidend ist, sollte auch immer darauf geachtet werden, dass in der täglichen Praxis tatsächlich die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen im Vordergrund steht und der Praktikant nicht wie jeder andere Arbeitnehmer im Betrieb eingesetzt wird. Zudem sollte das Praktikum unbedingt auf eine überschaubare Zeitdauer befristet sein.

Handelt es sich um ein freiwilliges Praktikum hat der Arbeitgeber auch insoweit zu prüfen, ob er zur Zahlung des Mindestlohnes nach dem MiLoG verpflichtet ist. Wie bereits erwähnt unterliegen Praktika grundsätzlich dem Mindestlohn, sofern nicht eine der Ausnahmen in § 22 Abs. 1 Nr. 1 -3, Abs. 2 und Abs. 3 MiLoG vorliegt. Danach besteht neben dem Fall der Pflichtpraktika keine Pflicht zur Zahlung des Mindestlohnes für sog. Orientierungspraktika von bis zu drei Monaten, die zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums geleistet werden. Gleiches gilt für Praktika, die begleitend zu einer Ausbildung oder einem Studium absolviert werden, sofern nicht bereits zuvor mit dem Arbeitgeber ein Praktikumsverhältnis bestanden hat. Weitere Ausnahme bestehen für Einstiegsqualifizierungen nach § 54a SGB III und für eine Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 - 70 BBiG.

Freiwillige Praktika, für die keine Vergütung bezahlt wird, sind grundsätzlich sozialversicherungsfrei. Gleiches gilt für Praktika, wenn zwar eine Vergütung bezahlt wird, die Beschäftigung aber auf 2 Monate bzw. 50 Arbeitstage im Kalenderjahr beschränkt ist (bzw. bis zum 31.12.2018: 3 Monate oder 70 Arbeitstage). Zudem besteht bei freiwilligen Praktika für die eine Vergütung gezahlt wird, ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Sonstige arbeitsrechtliche Vorgaben für Praktika

Sowohl bei freiwilligen Praktika als auch bei Pflichtpraktika sind die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften des ArbZG bzw. des JArbSchG zu beachten. Insbesondere gilt für Praktikanten, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine maximale Arbeitszeit von 7 Stunden täglich und 35 Stunden pro Woche. Daneben gilt nach dem JArbSchG für minderjährige Praktikanten eine Ruhezeit von 12 Stunden und ein grundsätzliches Verbot der Nacht- und Wochenendarbeit. Hiervon sind nur für bestimmte Veranstaltungen und Branchen einzelne Ausnahmen vorgesehen.

Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub haben freiwillige Praktikanten. Für Pflichtpraktika besteht grundsätzlich kein Urlaubsanspruch. Teilweise ist ein solcher aber in den zugrundeliegenden Studienordnungen vorgesehen.

Sonderfall: Werkstudenten

Werkstudenten sind weder Praktikanten noch Auszubildenende, sondern reguläre Arbeitnehmer. Dabei kann allerdings die Besonderheit bestehen, dass für den Beschäftigten das Arbeitsverhältnis nur eine Nebenrolle im Vergleich zum Studium darstellt, er also einen überwiegenden Teil seiner Zeit dem Studium und nicht dem Beschäftigungsverhältnis widmet. Arbeitsrechtlich bestehen für Werkstudenten keine Besonderheiten im Hinblick etwa auf Vergütung, Urlaub oder Entgeltzahlung.

Sozialrechtlich ist aber sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Studierenden das sog. Werkstudentenprivilegs interessant. Dieses zeitigt dann Auswirkungen, wenn der Student mehr als 450 € im Monat verdienen soll. Unterhalb dieser Grenzen gelten für die Beschäftigung von Studenten die gleichen Regeln wie für alle anderen Minijobber, d.h. insb. Sozialversicherungsfreiheit mit Ausnahme der gesetzlichen Rentenversicherung. Für letztere muss explizit ein Befreiungsantrag gestellt werden.

Bei einer Vergütung von mehr als 450 € im Monat kommt eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in Betracht, wenn für den Studenten das Studium weiterhin im Vordergrund steht und die abhängige Beschäftigung im Vergleich dazu nur eine untergeordnete Rolle, spielt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Student gar nicht krankenversichert wäre. Er ist wie jeder Student in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert, ggf. im Rahmen einer bestehenden Familienversicherung. Dies betrifft aber nicht das Verhältnis zum Arbeitgeber bei dem er als Werkstudent angestellt ist, sofern eine Krankenversicherung besteht. Da der Arbeitgeber aber der Krankenversicherung die Aufnahme der Tätigkeit im Unternehmen mitteilen muss, muss er sich vom Studenten eine Bescheinigung über das Bestehen einer Krankenversicherung aushändigen lassen.

Da die Beschäftigung gegenüber dem Studium nur untergeordnete Bedeutung haben darf, ist Voraussetzung für das Werkstudentenprivileg, dass die Beschäftigung an nicht mehr als 20 Stunden pro Woche erfolgt. In den Semesterferien kann die wöchentliche Arbeitszeit erhöht werden. Allerdings darf bezogen auf einen Zeitraum von einem Jahr in nicht mehr als 26 Wochen die Arbeitszeit von 20 Wochenstunden  überschritten werden. Der Jahreszeitraum ist vom voraussichtlichen Ende der befristeten Tätigkeit aus zu berechnen Auch während der Vorlesungszeit kann die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden überschritten werden, wenn überwiegend abends, nachts oder an Wochenenden, also außerhalb der üblichen Studienzeit gearbeitet wird. Auch für diesen Fall gilt allerdings die vorstehend genannte 26-Wochen-Regel.

Arbeitgeber sollten sich von dem Studierenden in jedem Fall eine Immatrikulationsbescheinigung vorlegen lassen.

Sonderfall: Duales Studium

Duale Studiengänge erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Rechtlich ist zwischen praxisintegrierenden dualen Studiengängen und ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen zu unterscheiden. Bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen werden Studium und Praxisphasen in einem Unternehmen miteinander kombiniert und verzahnt. Das BBiG ist in einem solchen Fall nicht - auch nicht über § 26 BBiG teilweise - anzuwenden. Die Praxisphasen werden als Teil des Studiums behandelt. Zwischen dem Studierenden und dem Unternehmen kommt weder ein Arbeits- noch ein Ausbildungsverhältnis nach dem BBiG zustande. Vielmehr handelt es sich um ein Vertragsverhältnis eigener Art, bei dem die Vermittlung der praktischen Lehrinhalte auf Basis der Studienordnung im Vordergrund steht. Auch hier ist allerdings wiederrum Voraussetzung, dass der Studierende nicht vorwiegend Arbeitsleistung erbringen muss. Ausbildungsintegrierte duale Studiengänge unterscheiden sich dadurch, dass nicht nur der Studienabschluss, sondern auch ein Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erworben wird. Bzgl. des Ausbildungsteils gilt in diesem Fall uneingeschränkt das BBiG.

Dualstudierende haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Bei praxisintegrierenden Studiengängen findet das MiLoG gem. § 22 Abs.1 Nr.1 MiLoG keine Anwendung. Es besteht zudem kein Vergütungsanspruch gem. §§ 26, 17 BBiG, weil kein Praktikumsverhältnis im Sinne von § 26 BBiG vorliegt. Für ausbildungsintegrierende Studiengänge gilt für den Ausbildungsteil eine Vergütungspflicht gem. § 17 BBiG. Eine Pflicht zur Zahlung des Mindestlohn besteht aber auf Grund der Ausnahme für Berufsausbildungsverhältnisse gem. § 22 Abs.3 MiLoG nicht.