Die Versetzung im Individualarbeitsrecht

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wiesbaden Wetzlar

Stichworte: Versetzung

Unter der Versetzung versteht man im Arbeitsrecht ganz allgemein gesprochen, die Änderung der Arbeitsbedingungen durch einseitige Weisung des Arbeitgebers im Hinblick auf Ort, Zeit, Umfang oder Inhalt der Arbeitsleistung.

Im Individualarbeitsrecht geht es dabei um die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes, die mit einer Änderung der Arbeitsbedingungen nach Ort, Zeit, Umfang und/oder Inhalt verbunden ist. 
Gem. § 106 GewO kann der Arbeitgeber die vorgenannten Arbeitsbedingungen nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Dieses sog. Direktionsrecht des Arbeitgebers ist also zunächst durch die Vorgaben insbesondere des Arbeitsvertrages begrenzt. Legt der Arbeitsvertrag ausdrücklich den Arbeitsort fest, kann der Arbeitnehmer nicht im Wege des Direktionsrechts angewiesen werden, seine Tätigkeit an einem anderen Ort aufzunehmen. In vielen Fällen enthalten Arbeitsverträge allerdings Klauseln, die eine Änderung des Arbeitsortes durch den Arbeitgeber zulassen. 

Gleiches gilt für die Zuweisung einer anderen Tätigkeit. Auch hier ist zunächst zu prüfen, welche Tätigkeit der Arbeitsvertrag vorsieht. Sieht dieser beispielsweise vor, dass der Arbeitnehmer als Mechaniker beschäftigt wird, so kann ihm grundsätzlich keine kaufmännische Tätigkeit in der Sachbearbeitung zugewiesen werden. Viele Arbeitsverträge enthalten aber auch insofern Klauseln, die die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, die den Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeitnehmers entspricht, ermöglichen sollen. 

Sowohl letztgenannte Klauseln als auch Änderungsvorbehalte im Hinblick auf den Arbeitsort (sog. Versetzungsklauseln) sind im Wesentlichen zulässig. Da es sich bei Arbeitsverträgen aber zumeist um vorformulierte Vertragswerke handelt, die das gesetzliche Direktionsrecht des Arbeitgebers erweitern sollen, müssen die Vorgaben des AGB-Rechts eingehalten werden. Insbesondere müssen die Klauseln klar und eindeutig formuliert sein. Arbeitgebern ist daher zu raten, Versetzungsklauseln sehr präzise zu formulieren und auch deutlich zu machen, dass die Interessen des Arbeitnehmers bei einer Versetzungsentscheidung Berücksichtigung finden. Arbeitnehmer sollten die Klauseln bei einem Streit über eine Versetzung genau prüfen. Das AGB-Recht birgt für Arbeitgeber so manche Tücken.

Hält sich die Versetzung in den Grenzen des Arbeitsvertrags und verstößt sie auch nicht gegen eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag, ist zu prüfen, ob sie billigem Ermessen entspricht.
Der Arbeitgeber hat dabei sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und die verschiedenen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeneinander abzuwägen. Auf Seiten des Arbeitnehmers sind u.a. auch die Wertungen der Grundrechte zu beachten. So müsste der Arbeitgeber beispielsweise die Religionsfreiheit beachten, wenn er einem Mitarbeiter eine Tätigkeit zuweist, die im Widerspruch zu dessen religiöser Überzeugung steht. Zudem muss der Arbeitgeber auch in seine Entscheidung einbeziehen, wenn die zuzuweisende Tätigkeit zu gesundheitlichen Schäden beim Mitarbeiter führen würde. Letztlich ist es immer eine Frage des konkreten Einzelfalls, ob die Versetzungsentscheidung des Arbeitgebers billigem Ermessen entspricht.

In der Praxis stellt sich für den Mitarbeiter zumeist folgendes Problem: Hält er eine Versetzung für rechtsunwirksam, kann er gerichtlich gegen diese vorgehen. Bis er ein letztinstanzliches Urteil hierzu erstritten hat, können allerdings mehrere Jahre verstreichen. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung wird ihm in den meisten Fällen allerdings nichts anderes übrig bleiben als der Versetzung zunächst nachzukommen, will er keine Kündigung riskieren. Selbst wenn man dem Arbeitnehmer juristisch bei einer rechtswidrigen Weisung ein Zurückbehaltungsrecht bzgl. seiner Arbeitsleistung zubilligt, ist doch das Risiko groß, dass der Arbeitgeber die Arbeitsverweigerung zum Anlass für eine Kündigung nimmt und dadurch Fakten schafft. Der Arbeitnehmer wäre dann gezwungen, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gegen diese zu klagen und damit den nächsten Prozess zu führen, will er die Kündigung nicht wirksam werden lassen.


Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen / Eltville

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