Wahlvorstände sowohl für die Betriebsrats- also auch für die Aufsichtsratswahl sind durch das Verbot der Wahlbeeinflussung und Wahlbehinderung aus § 20 Abs. 2 BetrVG bzw. § 20 Abs. 2 MitbestG und § 10 Abs. 2 DrittelbG nicht nur geschützt, sondern sie sind selbst unmittelbar daran gebunden. Das bedeutet, dass sie verpflichtet sind, das Gebot der Chancengleichheit aller Wahlbewerber zu beachten. Sie dürfen daher nicht einzelne Kandidaten oder Kandidatenlisten bevorzugen oder benachteiligen. Wahlvorstände haben aus diesem Grund in ihrer Funktion jede Art von Sympathiebekundungen zu Gunsten einzelner Kandidaten oder Listen zu unterlassen.
Diese Rolle auszufüllen führt in der Praxis zumeist dann zu Problemen, wenn Mitglieder des Wahlvorstandes selbst bei der Wahl kandidieren. Dass eine Mitgliedschaft im Wahlvorstand eine Kandidatur im Rahmen der Betriebsratswahl nicht ausschließt, hat das BAG bereits 1976 entschieden (BAG v. 12.10.1976 – 1 ABR 1/76). Gleiches nimmt die herrschende Meinung auch im Rahmen einer Aufsichtsratswahl an. Klar ist auch, dass den Kandidaten für die Wahl erlaubt ist, Wahlwerbung zu betreiben und insbesondere seine Ideen und Ansichten zu kommunizieren.
Problematisch wird es aber, wenn die Funktion als Wahlvorstand(-smitglied) und die Kandidatur bzw. die Wahlwerbung nicht strikt voneinander getrennt werden. Die Grenze zu einer unzulässigen Wahlbeeinflussung ist z.B. in Fällen überschritten, in denen der Wahlvorstand mit den Briefwahlunterlagen einen Flyer verschickt, der eine von zwei Kandidatenlisten besser darstellt als die andere (LAG Baden-Württemberg v. 27.11.2019 – 4 TaBV 2/19). Keinesfalls dürfen die dem Wahlvorstand zum Zwecke der Vorbereitung und Durchführung der Wahl zur Verfügung stehenden Mittel, wie etwa Adressdaten aus der Wählerliste für eine Wahlwerbung zu Gunsten einzelner Kandidaten oder Kandidatenlisten instrumentalisiert werden. Bedenklich ist vor allem, wenn Wahlwerbung durch Übermittlung zusammen mit offiziellen Wahlunterlagen einen „pseudooffiziellen Anstrich“ (so LAG Baden-Württemberg, a.a.O) erhält.
Verstöße gegen die Neutralitätspflicht können, wie die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (a.a.O) nochmals verdeutlicht, in der Praxis zu einer Anfechtung der Wahl führen. Wahlvorstandsmitglieder sind daher gut beraten, ihre eigene Wahlwerbung strikt vom Amt als Wahlvorstand zu trennen. Es sollte stets deutlich werden, was offizielle Wahlmitteilungen und Informationen des Wahlvorstandes sind und welche Aktivitäten die Kandidaten eigenständig im Rahmen ihrer Kandidatur als Wahlwerbung durchführen. Da die Trennung häufig praktischen Schwierigkeiten begegnet, sollte wohl überlegt sein, ob jemand, der beabsichtigt im Rahmen der anstehenden Wahl zu kandidieren, gleichzeitig Mitglied des Wahlvorstandes sein sollte.