Kein Folgenbeseitigungsanspruch des Betriebsrats nach E-Mail-Kontrolle durch Arbeitgeber

Zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 23.3.2021 – 1 ABR 31/19

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I. Sachverhalt

Der Betriebsrat und seine Arbeitgeberin (eine Flughafenbetreiberin mit etwa 1.800 Arbeitnehmer*innen) stritten über Auskunfts-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Betriebsrats. Im Jahr 2010 wurde eine Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung von infomations- und kommunikationstechnischen Systemen geschlossen. Die E-Mail-Kommunikation im Betrieb erfolgte mit Zustimmung des Betriebsrats über das Softwareprogramm Outlook. Gem. § 12 der Betriebsvereinbarung waren dem Betriebsrat auf sein Verlangen hin die für die Überwachung der Betriebsvereinbarung erforderlichen Informationen und Unterlagen vorzulegen.
Im Jahr 2017 leitete die Arbeitgeberin Untersuchungen gegen ihren damaligen Geschäftsführer zur Klärung strafrechtlich relevanter Vorwürfe ein. Dabei wurde das E-Mail-Postfach des Geschäftsführers sowie weiterer Arbeitnehmer*innen untersucht und relevante E-Mails gesichert. Diese E-Mails wurden an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie an eine Rechtsanwaltskanzlei weitergeleitet, welche die Arbeitgeberin bei den Untersuchungen unterstützten.

Der Betriebsrat vertat die Auffassung, bei der Auswertung, Sicherung und Weiterleitung der E-Mails habe ihm ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zugestanden. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG knüpft an die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen an, die geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dieses sei durch die Arbeitnehmerin verletzt wurde. Er begehrte daher Auskunft über die betroffenen Arbeitnehmer*innen, gestützt auf seine Überwachungsaufgabe aus § 80 Abs. 1, 2 BetrVG sowie § 12 BV. Die Arbeitgeberin sei zudem aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verpflichtet, den durch die Weiterleitung der E-Mails entstandenen Zustand – durch Löschung der E-Mails bei den Empfängern – zu beseitigen und weitere Speicherungen bzw. Weiterleitungen zu unterlassen.

II. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.

Das BAG hat die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats jedoch abgewiesen. Die Arbeitgeberin sei nicht verpflichtet, die begehrten Auskünfte zu erteilen. Die Kenntnis der konkreten Namen der Arbeitnehmer*innen, deren E-Mails ausgewertet wurden, seien nicht erforderlich zur Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats im Sinne des § 80 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BetrVG (iVm § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG). Auch der Unterlassungsanspruch stehe dem Betriebsrat nicht zu. Dem Betriebsrat habe zwar ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung und Anwendung der E-Mail-Kommunikation im Betrieb zugestanden, denn die hierzu erforderliche Software sei geeignet zur Überwachung von Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer. Dieses Mitbestimmungsrecht habe er jedoch auch ausgeübt, indem er der Einführung der Software zustimmte. Für die Mitbestimmung bei der Anwendung der Software sei kein Raum mehr, weil in der Rahmenbetriebsvereinbarung (§ 10 BV) ausdrücklich die Unzulässigkeit von Leistungs- und Verhaltenskontrollen mittels der Software vereinbart wurde. Durch die Weiterleitung der E-Mails wurde daher kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt.

Letztlich bestehe auch der Folgenbeseitigungsanspruch nicht. Aus § 87 BetrVG folge zwar ein Beseitigungsanspruch, dieser sei aber nur auf Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustands und nicht auf eine weitergehende Folgenbeseitigung gerichtet. Der Betriebsrat hätte daher gestützt auf § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nur die Einführung und Nutzung der technischen Überwachungseinrichtung verhindern können – dieser hatte er aber gerade zugestimmt. Die Löschung der weitergeleiteten E-Mails sei hingegen nicht von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gedeckt.