Krankheit als Behinderung im Sinne des AGG - Neues vom EuGH

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wetzlar Wiesbaden

Stichworte: Diskriminierung Krankheit Behinderung



Nach dem AGG ist eine Benachteiligung wegen einer Behinderung unzulässig. Der Gesetzgeber wollte mit dem Begriff der Behinderung Bezug auf die im Sozialrecht festgelegte Definition der Behinderung nehmen, wonach Menschen dann behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheitmit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Diese Sichtweise ist schon seit längerem nicht mehr im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben.

In einer aktuellen Entscheidung vom 11.04.2013 hat der EuGH sich nunmehr erneut mit der Frage befasst, wann eine Behinderung im europarechtlichen Sinne vorliegt. Nach Auffassung des EuGH kann auch eine heilbare oder unheilbare Krankheit unter den Begriff der Behinderung fallen, wenn sie eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist.

Primär ausschlaggebend ist daher nach der Rechtsprechung des EuGH die Einschränkung, die der Betroffene im Berufsleben erfährt. Es kann daher ausreichend sein, wenn dieser etwa auf Grund seiner Erkrankung nicht in der Lage ist, in Vollzeit zu arbeiten. Es muss nicht zwingend ein vollständiger Ausschluss von der Arbeit oder vom Berufsleben vorliegen.

Update 28.12.2013
Das BAG hat die Rechtsprechung des EuGH nunmehr übernommen. Mit Urteil vom 19.12.2013  - 6 AZR 190/12 - entschied das höchste deutsche Arbeitsgericht, dass auch eine symptomlose HIV-Infizierung eine Behinderung im Sinne des AGG darstellt. Eine in der Wartezeit nach KSchG wegen einer solchen Behinderung ausgesprochene Kündigung ist regelmäßig diskriminierend.


Rechtsanwalt Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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