Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs bei Aufnahme eines Studiums

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wetzlar Wiesbaden

Stichworte: Anderweitiger Erwerb Studium



Befindet sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug, so kann der Arbeitnehmer zwar die vereinbarte Vergütung verlangen, er muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Böswilliges Unterlassen liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich und grundlos Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird. Er muss in Kenntnis der objektiven Umstände – Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit und der Nachteilsfolge für den Arbeitgeber – vorsätzlich untätig bleiben. Bei der Abwägung, was dem Arbeitnehmer zumutbar ist, muss nach Auffassung des BAG die durch Art. 12 GG gewährleistete Berufsfreiheit des Arbeitnehmers berücksichtigt werden (Urt. v. 9.8.1974 – 3 AZR 350/73, AP HGB § 74c Nr. 5).

Das BAG sieht es grundsätzlich nicht als böswillig an, wenn der Arbeitnehmer ein erfolgversprechendes Studium aufnimmt (BAG, Urt. v. 13.2.1996 – 9 AZR 931/94, NZA 1996, 1039 = AP HGB § 74c Nr. 18). Eine allgemeine Aussage, wonach jedes Studium des Arbeitnehmers stets oder nie als böswilliges Unterlassen eines anderweitigen Erwerbs zu bewerten sei, verbiete sich aber (BAG, Urt. v. 18.2.1974 – 3 AZR 519/73, AP HGB § 74c Nr. 4). Ein erfolgversprechendes Studium beruhe regelmäßig auf einer sinnvollen Berufsentscheidung (BAG, Urt. v. 9.8.1974 – 3 AZR 350/73, AP HGB § 74c Nr. 5). Allerdings hat das BAG in diesem Urteil offen gelassen, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei, oder ob bei Aufnahme eines Studiums die Einwendung des böswilligen Unterlassens eines anderweitigen Erwerbs grundsätzlich ausscheidet (BAG, Urt. v. 13.2.1996 – 9 AZR 931/94, NZA 1996, 1039 = AP HGB § 74c HGB Nr. 18). Allerdings ließe sich auch nicht sagen, dass der Besuch einer Hochschule nie als Missbrauch einer Karenzentschädigung angesehen werden könne. Nicht hinnehmen muss der Arbeitgeber aber, dass ein schulisch minderbegabter studiert oder ein sinn- und planloses Studium betrieben wird (BAG, Urt. v. 9.8.1974 – 3 AZR 350/73, AP HGB § 74c Nr. 5). Es kommt nach Ansicht des BAG auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an (BAG, Urt. v. 13.2.1996 – 9 AZR 931/94, NZA 1996, 1039 = AP HGB § 74c HGB Nr. 18). 

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
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