Die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Kündigungsschutzrecht

Betriebsbedingte Gründe für eine Kündigung liegen vor, wenn durch eine unternehmerische Entscheidung die Beschäftigungsmöglichkeit für den betroffenen Arbeitnehmer weggefallen ist. Die Beschäftigungsmöglichkeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer auf Grund betrieblicher Umstände nicht mehr vertragsgerecht eingesetzt werden kann.

Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Risiko, den Arbeitnehmer vertragsgemäß beschäftigen zu können. Das bedeutet, dass bei betriebsbedingten Kündigungen grundsätzlich die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten werden muss. Betriebsbedingte Kündigungen sind daher regelmäßig nur als ordentliche Kündigung möglich. Auch das BAG (Urt. v. 24.01.2013 - 2 AZR 453/11) hat jüngst wiederholt betont, dass eine außerordentliche Kündigung bei einem ordentlich kündbaren Mitarbeiter grundsätzlich nicht in Frage kommt und ausgeführt:

"Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist gegenüber einem ordentlich 
kündbaren Arbeitnehmer grundsätzlich unwirksam. Sie setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist es, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten."

Nur in eng umrissenen Ausnahmefällen kommt eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung in Betracht. Relevant wird dies insbesondere bei ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern. Ordentliche Unkündbarkeit kann sich etwa aus tarifvertraglichen oder gesetzlichen Vorschriften ergeben. So enthalten zum Beispiel die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes eine altersbedingte Unkündbarkeit.

Will der Arbeitgeber nun einen Betrieb oder Betriebsteil schließen und ist eine Versetzung in einen anderen Betrieb nicht möglich, so könnte der Ausschluss der ordentlichen Kündigung zu dem Ergebnis führen, dass der Arbeitgeber trotz Wegfall des Beschäftigungsbedarfs das Arbeitsverhältnis nicht beenden könnte. In diesen Ausnahmefällen kommt eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Der Arbeitgeber muss diese jedoch unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist, die der längsten gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfrist entsprechen muss, aussprechen.

Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Auslauffrist kann nach Auffassung des BAG grundsätzlich auch in Betracht kommen, wenn in der betroffenen Einheit  - Betrieb oder Betriebsteil -  ein hoher Prozentsatz von ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern beschäftigt ist und sich der Arbeitgeber entschließt Tätigkeiten an ein Drittunternehmen zu vergeben und dadurch der Beschäftigungsbedarf entfällt.

Noch höhere Anforderung an eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung sind dann zu stellen, wenn keine Betriebsschließung geplant ist, sondern der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs sich nur auf einen konkreten Arbeitsplatz bezieht. Hier hat der Arbeitgeber eine quasi Sozialauswahl mit anderen vergleichbaren Arbeitnehmern zu treffen. Sind andere vergleichbare Arbeitnehmer ordentlich kündbar, so diese ggf. vorrangig zu kündigen und der ordentlich unkündbare Mitarbeiter auf diesen Arbeitsplatz zu versetzen. Der Arbeitgeber ist - allgemein gesprochen - verpflichtet, mit allen ihm zumutbaren Mitteln eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Erst wenn tatsächlich keinerlei Möglichkeit besteht, kann eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Auslauffrist in Betracht gezogen werden.

Ist der Mitarbeiter befristet beschäftigt und eine ordentliche Kündigung deshalb nicht möglich, ist zu prüfen, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Befristung zugemutet werden kann. Hierfür reichen Zahlungsschwierigkeiten alleine nicht aus. Regelmäßig wird in einem solchen Fall eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen nicht in Frage kommen.

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen / Eltville

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