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Verkürzung der Befristungsdauer - Aufhebungsvertrag oder neues befristetes Arbeitsverhältnis?

Besteht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein befristetes Arbeitsverhältnis, ist bei einer Zeitbefristung der Endtermin kalendarisch festgelegt. Bei einer sachgrundlosen Befristung beträgt die Höchstdauer für die Befristung bekanntlich zwei Jahre, bei maximal drei Verlängerungen innerhalb dieser zwei Jahre. Ein solcher Art befristeter Vertrag, kann nur dann ordentlich gekündigt werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist, § 15 Abs. 3 TzBfG.

Besteht ein praktisches Bedürfnis für die Abkürzung der Befristungsdauer, etwa weil der Arbeitnehmer doch nicht für die gesamte Vertragslaufzeit benötigt wird, stellt sich die Frage, wie eine solche vorzeitige Auflösung umgesetzt werden kann. Hierfür lassen sich einer neueren Entscheidung des BAG (Urt. v. 14.12.2016 - 7 AZR 49/15) wertvolle Hinweise entnehmen - jedenfalls dazu wie es aus Sicht des Arbeitgebers nicht gemacht werden sollte.

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine Änderungsvereinbarung zum befristeten Arbeitsvertrag geschlossen, in der es hieß, dass der Mitarbeiter bis zum 31.07.2013 beschäftigt bleiben solle. Alle anderen Vertragsbedingungen sollten unberührt bleiben. Ursprünglich sollte die Befristung bis zum 31.07.2014 laufen. Die Befristungsdauer sollte damit nicht mehr rund zwei, sondern lediglich etwa ein Jahr betragen. Das BAG sah in dieser Vereinbarung eine erneute Befristungsabrede, die einer Befristungskontrolle unterliege. Da zum Zeitpunkt der neuen Befristungsabrede bereits ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand, war eine sachgrundlose Befristung auf Grund des Verstoßes gegen das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht mehr möglich. Das Vorbeschäftigungsverbot untersagt nach Auffassung des BAG auch eine sachgrundlose Verkürzung der bisher vereinbarten Befristungsdauer. Folglich bedurfte die neuerliche Befristungsabrede zu ihrer Wirksamkeit eines sachlichen Grundes im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG.

Die Frage, ob ein sachlicher Grund vorliegt, wird das LAG, an welches das BAG die Sache zurückverwiesen hat, noch zu prüfen haben. Kann der Arbeitgeber einen sachlichen Grund nicht darlegen, so führt dies dazu, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Wie hätte der Arbeitgeber dies verhindern können? Er hätte die Verkürzung nicht als neuerliche Befristung formulieren dürfen, sondern einen Aufhebungsvertrag schließen müssen, welcher eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2013 vorsieht.

 

Abkürzung der Kündigungsfrist in der Probezeit nur bei klarer Regelung!

§ 622 Abs. 3 BGB ermöglicht zu Beginn des Arbeitsverhältnisses die Vereinbarung einer Probezeit. Eine solche Probezeit darf nicht mit der Wartezeit nach dem KSchG verwechselt werden. Die Probezeit des § 622 Abs. 3 BGB ermöglicht lediglich, das Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten maximal sechs Monate des Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer verkürzten Kündigungsfrist von zwei Wochen zu beenden.

Eine solche Probezeit mit Verkürzung der Kündigungsfrist muss klar und eindeutig im Arbeitsvertrag vereinbarten werden.

Dem genügt es nach einer aktuellen Entscheidung des BAG (Urt. v. 23.03.2017 - 6 AZR 705/15) nicht, wenn im Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart ist und der inbezuggenommene Manteltarifvertrag für eine Probezeit besondere Kündigungsfristen vorsieht, im Folgenden dann aber pauschal eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zu Monatsende festgelegt ist. Aus der gewählten Vertragsgestaltung ist für den Arbeitnehmer nach Auffassung des BAG nicht erkennbar, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Vielmehr sei alleine die vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende ausschlaggebend.

Salvatorische Klausel kein Rettungsanker für nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind in einem Arbeitsvertrag nur dann verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit des Wettbewerbsverbots verpflichtet, § 74 Abs. 2 HGB. In der Praxis wird dieses Erfordernis oft - vielleicht auch bewusst - von Arbeitgebern übersehen, so dass die Vereinbarung einer Karenzentschädigung im Arbeitsvertrag unterbleibt.
Aus Sicht des Arbeitnehmers stellt sich die Frage, ob er die Karenzentschädigung auch ohne vertragliche Vereinbarung verlangen kann, wenn er sich an das geregelte aber nichtige nachvertragliche Wettbwerbsverbot hält. Insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag zusätzliche eine sog. Salvatorische Klausel enthält. Darunter versteht man eine vertragliche Bestimmung, nach der sich die Parteien verpflichten, eine unwirksame vertragliche Regelung durch eine angemessene Regelung zu ersetzen, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrags gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss des Vertrags die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
Das BAG hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 22.03.2017 - 10 AZR 448/15) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der sich an ein nichtiges nachvertragliches Wettbwerbsverbot hält, keine Karenzentschädigung vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Die salvatorische Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vermag die Nichtigkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht zu heilen - auch nicht zu Gunsten des Arbeitnehmer. Das BAG leitet dies, wie der Pressemitteilung zu entnehmen ist, aus der Notwendigkeit, spätestens unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu treffen können, her. Die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Klausel muss sich aus der Vereinbarung selbst ergeben. Daran fehlt es aber bei einer Salvatorischen Klausel, da nach dieser eine wertende Entscheidung zu treffen ist.
 

Sicherung der Kontinuität der Betriebsratsarbeit durch Befristung?

Es ist noch nicht lange her, da hat das BAG im Jahr 2014 entschieden, dass ein befristeter Arbeitsvertrag auch dann mit dem vereinbarten Datum endet, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich in den Betriebsrat gewählt wurde. Eine - praktisch kaum nachweisbare - Ausnahmekonstellation kann dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag alleine wegen der Betriebsratstätigkeit nicht entfristet oder verlängert.

Wie ist aber der umgekehrte Fall zu bewerten, wenn ein Arbeitgeber einen befristeten Arbeitsvertrag noch einmal verlängert und zwar bis zum Ende der Amtszeit des Arbeitnehmers im Betriebsrat. Kann sich der Arbeitgeber auf einen Sachgrund für die Befristung im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG berufen, weil er mit der weiteren Befristung dem Arbeitnehmer ermöglichen will, seine Amtszeit zu Ende zu führen oder eine sonst erforderliche Neuwahl des Betriebsrats verhindern will?

Die Aufzählung der Sachgründe für eine Befristung in § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG ist nicht abschließend. Dies ergibt sich aus dem einleitend verwendeten Wort "insbesondere", so dass auch unbenannte Sachgründe in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Einem ausdrücklich genannten Sachgrund für eine Befristung lässt sich die Kontinuität der Betriebsratsarbeit nicht zuordnen. Das BAG (Urt. v. 08.06.2016 - 7 AZR 476/14) geht allerdings von einem ungeschriebenen Sachgrund aus. Dass der Gesetzgeber die personelle Kontinuität der Betriebsratsarbeit als gewichtiges Interesse ansieht, ergibt sich bereits aus dem in § 15 KSchG geregelten Kündigungsschutz u.a. für Betriebsratsmitglieder. Der Arbeitgeber hat nach Auffassung des BAG (a.a.O) ein berechtigtes Interesse an der Funktionsfähigkeit des in seinem Betrieb gebildeten Betriebsrats.

Das BAG stellt an das Vorliegen des Sachgrundes der Kontinuität der Betriebsratsarbeit allerdings zurecht hohe Anforderungen. Die Befristung muss geeignet und erforderlich sein, um die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats zu sichern. Wichtig ist insofern, dass die Befristung tatsächlich bis zum Ende der Amtszeit des Betriebsratsmitgliedes erfolgt. Ist die Befristungsdauer kürzer als die Amtszeit, muss der Arbeitgeber detailliert darlegen, aus welchen Grund eine solche Befristung zur Sicherung der Kontinuität der Betriebsratsarbeit geeignet und erforderlich sein soll. Das BAG betont hierzu, dass die personelle Kontinuität der Betriebsratsarbeit regelmäßig nicht schon dann gewahrt wird, wenn die Befristung nur dem Ziel dient, die Betriebsratsarbeit lediglich für einen Teil der Amtszeit zu sichern und sich die Laufzeit des Vertrages nicht auf die Dauer der gesetzlichen Amtszeit erstreckt.


Dr. Christian Velten
Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Gießen

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Die sog. "Projektbefristung"

Die Projektarbeit hat in der modernen Arbeitswelt enorm an Bedeutung gewonnen. Auch die Befristung eines Arbeitsvertrages wird in der Praxis häufig damit begründet, dass der Arbeitnehmer für ein bestimmtes Projekt eingestellt werden soll. Insbesondere, wenn eine Befristung nur noch mit Sachgrund im Sinne vom § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG zulässig ist, wird der Projekteinsatz gerne als Argument ins Spiel gebracht. Dabei sieht das Gesetz einen Sachgrund der "Projektbefristung" gar nicht vor. Vielmehr zielt die Argumentation auf den Sachgrund des lediglich vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG.

Hieraus erschließt sich bereits, dass der Projekteinsatz und ein mit ihm einhergehender Mehrbedarf an personellen Mitteln zwar ein Anlass für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG sein kann. Die Rechtsprechung verlangt aber für das Vorliegen des Sachgrundes, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Bei einer Projektarbeit muss somit prognostizierbar sein, dass mit dem voraussichtlichen Ende des Projektes der Beschäftigungsdarf für den Arbeitnehmer wegfallen wird. Dabei spielt es allerdings - anders als in anderen Fallgruppen des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG - keine Rolle, ob der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Projektes auf einem anderen freien Arbeitsplatz - etwa in einem anderen Projekt - beschäftigt werden könnte (BAG, Urt. v. 24.09.2014 - 7 AZR 987/12).

Folglich muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden muss, ob tatsächlich nur ein vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung besteht. In vielen Fällen verbergen sich hinter dem angeführten Projekt Aufgaben, die nicht nur vorübergehend wahrgenommen werden, sondern von Dauer sind und lediglich als Projekt tituliert werden. Das BAG (Urt. v. 27.07.2016 - 7 AZR 545/14) hält daher zusammenfassend fest:

"Der Arbeitgeber kann sich zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Deshalb kann der Arbeitgeber einen Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG nicht dadurch herbeiführen, dass er im Wesentlichen unveränderte Daueraufgaben in organisatorisch eigenständige „Projekte“ aufteilt."

Wird die im Projekt verfolgte Tätigkeit über Drittmittel finanziert, liegt hierin ein Indiz dafür, dass es sich nicht um unveränderte Daueraufgaben handelt, sondern um zeitlich begrenzte  und abgrenzbare Zusatzaufgaben.


Dr. Christian Velten
Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Gießen

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LAG Hamburg zur Mitbestimmung bei konzernweiter Mitarbeiterbefragung

Bei einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung steht dem örtlichen Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu, auch wenn die beteiligten Arbeitgeber nur mit einem Teil der gestellten Fragen etwa erforderliche Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu identifizieren beabsichtigen, soweit es sich bei dem Fragebogen um ein unauflösbares Gesamtwerk handelt. 

Ein Mitarbeiterfragebogen ist kein Personalfragebogen (§ 94 Abs. 1 BetrVG) und auch keine Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze (§ 94 Abs. 2 BetrVG), wenn die mittels Fragebogen erhobenen Daten einem einzelnen Arbeitnehmer nicht zuzuordnen sind, etwa weil der Arbeitgeber ein Drittunternehmen mit der Befragung beauftragt hat, das sich ihm gegenüber verpflichtet hat, die Ergebnisse nur in anonymisierter Form weiterzuleiten. 

(LAG Hamburg, Beschl. v. 14.06.2016 - 2 TaBV 2/16)

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