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Informativer Vortrag zu den aktuellen Entwicklungen im Beschäftigtendatenschutz




Die neuen Entwicklungen im Datenschutzrecht werfen auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen des Beschäftigtendatenschutzes ihre Schatten voraus. Sehr informativer Vortrag am letzten Montag von Prof. Düwell zu den neuen Herausforderungen.

Müssen Arbeitnehmer ein Kündigungsschreiben entgegennehmen?

"Die können Sie mir gerne mit der Post schicken." - ist eine nicht seltene Aussage von Arbeitnehmern, wenn ihnen ein Kündigungsschreiben übergeben werden soll. Beendet der Arbeitnehmer das Gespräch dann, ohne das Kündigungsschreiben mitzunehmen, drängt sich sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber in der Folge die Frage auf, ob die Kündigung nun wirksam zugegangen ist. Für den Arbeitnehmer ist die Bestimmung des genauen Zugangszeitpunkts deshalb von entscheidender Bedeutung, weil daran der Beginn der 3-Wochen-Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage geknüpft ist. Berechnet er die Frist vom Zeitpunkt der - oft Tage später erfolgten - postalischen Zustellung an, kann bei wirksamem Zugang bereits im Kündigungsgspräch auf Grund der zeitlichen Verzögerung eine eingelegte Kündigungsschutzklage verfristet sein. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer mit nahezu sämtlichen Einwendungen gegen die Kündigung ausgeschlossen. Für den Arbeitgeber kann sich - insbesondere, wenn sich die Kündigungsfrist bei späterem Zugang der Kündigungserklärung verlängern würde - die Frage stellen, ob er die Kündigung ggf. noch am selben Tag per Boten zustellen muss, um die Kündigungsfrist noch einzuhalten. Akuter Handlungsbedarf für den Arbeitgeber bestünde auch dann, wenn das Kündigungsgespräch und der dortige Übergabeversuch bzgl. des Kündigungsschreibens am letzten Tag der sechsmonatigen Wartezeit nach dem KSchG stattfindet.

Nähert man sich dem Problem juristisch, so wird man zunächst in § 130 BGB fündig. Die Kündigungserklärung ist eine sog. Willenserklärung des Arbeitgebers. Eine Willenserklärung unter Anwesenden - wie in einem Personalgespräch - geht dem Empfänger - also in unserem Fall dem Arbeitnehmer - zu, wenn sie durch Übergabe in seinen Herrschaftsbereich gelangt ist. In den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist die Kündigungserklärung nach Auffassung des BAG (Urt. v. 26.03.2015 - 2 AZR 483/14) bereits, wenn das Schriftstück im Personalgespräch ausgehändigt und übergeben wird, so dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen. Im Fall der Ablehnung der Entgegennahme des Schreibens durch den Arbeitnehmer ist der Zugang trotzdem bewirkt, sofern das Schreiben in der unmittelbaren Nähe des Arbeitnehmers abgelegt wird und dieser es ohne Weiteres an sich nehmen und von seinem Inhalt Kenntnis erlangen konnte. Will der Arbeitgeber also dem Arbeitnehmer für diesen erkennbar, im Gespräch das Kündigungsschreiben übergeben, etwa indem er es dem Arbeitnehmer anreicht und lehnt der Arbeitnehmer die Annahme ab, reicht dies für den Zugang der Kündigung alleine nicht aus. Legt der Arbeitgeber aber das Schreiben in der erkennbaren Übergabeabsicht offen vor den Arbeitnehmer auf den Tisch, so dass dieser den Inhalt zur Kenntnis nehmen konnte, ist der Zugang regelmäßig bewirkt, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Schreiben in die Hand nimmt und liest oder nicht. Nicht ausreichend für den Zugang ist dagegen alleine das Zeigen der Kündigung, wenn der Arbeitgeber das Schreiben noch bei sich behält, etwa um mit dem Arbeitnehmer zunächst über eine Aufhebungsvereinbarung zu verhandeln.

Das BAG (Urt. v. 26.03.2015 - 2 AZR 483/14) weist weiter zutreffend darauf hin, dass die Nichtannahme des Kündigungsschreibens im Kündigungsgespräch eine treuwidrige Zugangsverzögerung darstellen kann. In diesem Fall muss sich der Arbeitnehmer so behandeln lassen wie wenn der Zugang im Kündigungsgespräch bewirkt worden wäre. Eine treuwidrige Zugangsvereitelung kommt nach Auffassung des BAG in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben für diesen erkennbar zum Zwecke der Übergabe angereicht wird und der Arbeitnehmer daraufhin grundlos die Annahme verweigert und den Raum verlässt. Das BAG hebt insofern hervor, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig damit rechnen muss, dass ihm der Arbeitgeber während eines Personalgesprächs im Betrieb eine rechtserhebliche Erklärung übermittelt, da der Betrieb diesbezüglich der typische Ort sei, an dem rechtserhebliche Erklärungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, abgegeben werden. Insofern ist der Arbeitnehmer auch verpflichtet, ein entsprechendes Kündigungsschreiben entgegenzunehmen, sofern er keinen sachlichen Grund für die Verweigerung vorbringen kann.

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen  / Wetzlar

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Ausbilder Podcast zum Thema Kündigung des Ausbildungsvertrages - Folge 1 online

















Die neue Folge des Ausbilder Podcasts von AVEO mit mir als Fachanwalt für Arbeitsrecht ist online!

http://ausbilder-praxis.de/category/podcast/

Ausbildungsvertrag kündigen - Was ist dabei zu beachten?

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten 
Arbeitsrecht Gießen  / Wetzlar

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ArbG Braunschweig: Zulässigkeit einer Streikbruchprämie

Streikbruchprämien stellen ein Mittel des Arbeitgebers dar, auf Arbeitskämpfe im Unternehmen zu reagieren. Durch die Zusage einer besonderen finziellen Zuwendung für die Nichtteilnahme am Streik soll die Motivation der Mitarbeiter, sich am Arbeitskampf zu beteiligen, verringert werden. Dass solche Streikbruchprämien grundsätzlich als zulässiges Arbeitskampfmittel der Arbeitgeber anzusehen sind, hat das BAG bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1993 (Urt. v. 13.07.1993 - 1 AZR 676/92) anklingen lassen. 

In einer aktuellen Entscheidung hat das ArbG Braunschweig (Urt. v. 02.06.2016 - 6 Ca 529/15) an die Ausführungen des BAG aus dem Jahr 1993 angeknüpft und die Zusage einer Streikbruchprämie vor einem anstehenden Arbeitskampf für zulässig erachtet und nicht als Verstoß gegen das Maßregelverbot angesehen. Der Arbeitgeber hatte durch Aushang am Schwarzen Brett allen Arbeitnehmern, die an einem zu erwartenden Arbeitskampf nicht teilnehmen und während des Streiks ihrer regulären Tätigkeit nachgehen die Zahlung einer Streikbruchprämie in Höhe von 200 € brutto pro Streiktag in Aussicht gestellt. In dem Aushang hieß es weiter, der Marktleiter werde jeweils dokumentieren, wenn ein Mitarbeiter an Stelle des Streiks gearbeitet habe und dies an die Personalabteilung melden. 

Das ArbG Braunschweig sah in der Zusage an die Belegschaft ein zulässiges Arbeitskampfmittel. Es liege weder ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB noch gegen den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vor. Auch die Höhe der Streikbruchprämie führe nicht zur Unverhältnismäßigkeit und damit zur Unzulässigkeit des Arbeitskampfmittels. Hierbei hat das Arbeitsgericht berücksichtigt, dass die Zahlung der zugesagten Prämie mit einer finanziellen Belastung des Arbeitgebers einhergeht und für diesen daher nicht kostenlos war. Zudem stehe die Gewerkschaft dem Arbeitskampfmittel nicht wehrlos gegenüber. Sie könne - etwa durch Streikposten - gezielt auf die Streikbrecher durch Information und Argumentation einwirken, um sie  doch noch zur Teilnahme am Arbeitskampf zu bewegen.

Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn die Zusage einer Leistung an die Arbeitnehmer, die nicht am Streik teilgenommen haben, erst nach dem Arbeitskampf erfolgt. In einem solchen Fall handelt es sich nicht mehr um ein durch die Koalitionsfreiheit gewährleistetes Arbeitskampfmittel, so dass es vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Maßregelungsverbots eines sachlichen Grundes für die Besserstellung der nichtstreikenden Arbeitnehmer bedarf. Ein sachlicher Grund für eine solche Differenzierung kann allenfalls darin liegen, dass die Arbeitnehmer, die während des Streiks gearbeitet haben, Belastungen ausgesetzt waren, die erheblich über das normale Maß der mit jeder Streikarbeit verbundenen Erschwerung hinausgehen (BAG, Urt. v. 28.07.1992 - 1 AZR 87/92).

Interessant an der Entscheidung des ArbG Braunschweig ist zudem, dass sich das Gericht mit der Frage auseinandersetzt, ob ein Betriebsratsmitglied, das an einem Streiktag nicht seiner eigentlichen Arbeitsleistung nachkommt, sondern an einer Schulungsveranstaltung teilnimmt, Anspruch auf die Streikbruchprämie hat. Dies verneint das ArbG unter Bezugnahme auf den Wortlaut des Aushangs des Arbeitgebers. Diesem sei zu entnehmen, dass es dem Arbeitgeber bei der Zusage gerade darauf angekommen sei, dass die Arbeitnehmer in den Märkten vor Ort anwesend sein sollen. Der Kläger habe zwar nicht am Arbeitskampf teilgenommen, sei aber auch nicht im Markt anwesend gewesen, so dass ihm die Streikbruchprämie nicht zustehe.



Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen  / Wetzlar

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Arbeitsunfähigkeit während Freizeitausgleichszeitraum

Erhält der Arbeitnehmer - etwa zur Abgeltung von Überstunden - einen Freizeitausgleich, wird dieser durch Freistellung von der Arbeitsleistung gewährt. Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung ist in diesem Zeitraum suspendiert. Nach Auffassung des LAG Rheinland-Pfalz führt eine Erkrankung des Arbeitnehmers im Freistellungszeitraum nicht dazu, dass der Freizeitausgleich nochmal gewährt werden müsste (Urt. v. 19.11.2015 - 5 Sa 342/15). Das Risiko der Erkrankung im Freistellungszeitraum trägt somit der Arbeitnehmer. Insofern unterscheidet sich die Rechtslage von einer Erkrankung während des Erholungsurlaubs.

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Nachweispflicht für Arbeitsunfähigkeit nach Ende des Entgeltfortzahlungszeitraum

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, ist er verpflichtet, spätestens am 4. Kalendertag des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Der Arbeitgeber kann die Vorlage der AU-Bescheinigung auch zu einem früheren Zeitpunkt verlangen, 
§ 5 Abs. 1 S. 3 EFZG. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der AU-Bescheinigung angegeben, ist eine Folgebescheinigung vorzulegen.

In der Praxis ist zu beobachten, dass oft nach dem Ende der Entgeltfortzahlung, also nach Ablauf des Sechs-Wochen-Zeitraums, keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorgelegt werden. Arbeitgeber nehmen dies meist hin, da sie von der Vergütungspflicht befreit sind. Der Arbeitnehmer erhält ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig Krankengeld. Trotzdem bleibt er gegenüber dem Arbeitgeber weiter verpflichtet, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen (LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.04.1996 - 3 Sa 449/95). Der Wegfall der Entgeltfortzahlungspflicht ändert daran nichts. Der Arbeitgeber hat auch weiterhin ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, wann der Arbeitnehmer voraussichtlich wieder einsatzfähig sein wird. Allerdings kann ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht nach Auffassung des LAG Sachsen-Anhalt (a.a.O.) nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.


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