BLOG  |  PODCAST

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Dienstplänen

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wetzlar Wiesbaden

Stichworte: Betriebsverfassung Dienstpläne Mitbestimmung

Der Betriebsrat hat gemäß § 87 I Nr.2 BetrVG mitzubestimmen bzgl. des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Er soll hierdurch die Möglichkeit erhalten, die Interessen der Mitarbeiter bei der Ausgestaltung der Lage der Arbeitszeit und somit auch spiegelbildlich der Gestaltung deren Privatleben zu vertreten. Arbeitszeit in diesem Sinne ist diejenige Zeit, innerhalb derer der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen soll. Hierunter fallen auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft.

Nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats umfasst ist dagegen die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Diese ist zumeist durch den Einzelarbeitsvertrag oder einen Tarifvertrag geregelt.

Hieraus ergibt sich, dass auch die Aufstellung von Dienstplänen sowie Schichtplänen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegt. Für den Arbeitgeber kann hierin ein ganz gravierendes Problem liegen. Widerspricht der Betriebsrat dem vom Arbeitgeber vorgelegten Dienstplan und lässt sich keine Einigung hierüber erzielen, so ist der Arbeitgeber gehalten, diesbezüglich die Einigungsstelle einzuberufen. Da die Zeit aber oft nicht ausreicht, um eine Einigung bis zum eigentlichen Geltungszeitraum des Dienstplans zu erreichen, hat der Betriebsrats hier regelmäßig ein scharfes Schwert in der Hand. Bis zu einer Einigung darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht zur Arbeit gemäß dem noch nicht vom Betriebsrat genehmigten Dienstplan auffordern. Ohne die Mitbestimmung des Betriebsrats wäre auch eine individuelle Weisung des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer, zu den im Dienstplan vorgesehenen Zeiten zu arbeiten unwirksam.

Der Betriebsrat kann allerdings nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den Aushang vorläufiger Dienstpläne zu Informationszwecken unterlässt, in denen er auf die fehlende Genehmigung durch den Betriebsrat hinweist.
Hierin sah das LAG Berlin-Brandenburg (v. 07.12.12 - 6 TaBV 880/12) lediglich eine Information der Mitarbeiter durch den Arbeitgeber und nicht eine verbindliche Weisung im Rahmen des Direktionsrechts.

RA Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen
Mein Profil auf www.jota-rechtsanwaelte.de

Wann ist eine Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen?

Die Abmahnung stellt im Arbeitsrecht die Aufforderung der einen Partei an die andere dar, ein arbeitsvertragswidriges Verhalten zu beenden und/oder zukünftig zu unterlassen, verbunden mit der unmissverständlichen Warnung, im Wiederholungsfalle drohe eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Abmahnung kommt daher eine Rüge- und eine Warnfunktion zu.

Oft möchten Arbeitnehmer Abmahnungen nicht ohne Weiteres hinnehmen. Gem. §§ 242, 1004 BGB kann ein Arbeitnehmer zunächst dann die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen, wenn die in der Abmahnung erhobenen Vorwürfe unzutreffend sind, die Abmahnung zu unbestimmt oder unverhältnismäßig ist. Gleiches gilt, wenn das beanstandete Verhalten in rechtlicher Hinsicht keinen Pflichtverstoß darstellt.

Ist die Abmahnung dagegen - insbesondere in formeller Hinsicht - ordnungsgemäß ausgesprochen worden, so stellt sich die Frage, ob eine Abmahnung auch nach Ablauf einer gewissen Zeit aus der Personalakte entfernt werden muss, wenn der Arbeitnehmer keine Pflichtverstöße mehr begangen hat. Nach Auffassung des BAG kann der Arbeitnehmer nur dann die Entfernung einer zu recht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen, wenn das gerügte Verhalten für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht bedeutungslos geworden ist.

Vor dem Hintergrund der sog. "Emmely"-Entscheidung des BAG, nach der ein langer beanstandungsfreier Verlauf des Arbeitsverhältnisses für die Interessenabwägung im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung relevant sein kann, dürfte es Arbeitgebern in Zukunft recht leicht fallen, ein berechtigtes Interesse für die weitere Aufbewahrung der Abmahnung in der Personalakte vorzutragen. Allerdings hat das BAG auch deutlich gemacht, dass alleine dieser Gesichtspunkt nicht dazu führt, dass eine Abmahnung auch Jahre später immer noch bedeutungsvoll ist. Ein hinreichend lange zurückliegender, nicht schwerwiegender und durch den beanstandungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses faktisch überholter Pflichtverstoß, könne seine Bedeutung für eine spätere Interessenabwägung gänzlich verlieren.

Anders sieht das BAG dies wohl im Vertrauensbereich. Hier könne eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung auch erhebliche Zeit später noch von Bedeutung sein.

RA Dr. Christian Velten, Arbeitsrecht - Gießen Mein Profil auf www.jota-rechtsanwaelte.de

Wer ist leitender Angestellter i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG

Leitende Angestellte sind – ganz allgemein gesprochen – Arbeitnehmer, die nicht nur unternehmerische Entscheidungen ausführen, sondern diese auch maßgeblich mit beeinflussen. Sie nehmen folglich unternehmerische Teilaufgaben wahr. Nur eine solche Position rechtfertigt die Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes auf Grund der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen. Diese macht den Mitarbeiter zum Repräsentanten des Arbeitgebers und damit zum Gegenspieler des Betriebsrats in der Betriebsverfassung.

Oft findet sich im Arbeitsvertrag die Formulierung, der Arbeitnehmer sei leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Eine solche Festlegung macht den Mitarbeiter aber noch nicht zum leitenden Angestellten. Ausschlaggebend ist vielmehr die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses. Diese muss den Vorgaben von § 5 Abs. 3 BetrVG entsprechen.

Bei der Prüfung, ob ein Mitarbeiter leitender Angestellter ist, sind zunächst § 5 Abs. 3 Nr. 1 - 3 BetrVG zu prüfen. Erst wenn danach keine Entscheidung über den Status des Arbeitnehmers getroffen werden kann, ist ein Rückgriff auf die Zweifelsregelung des Abs. 4 zulässig.

In den Ziffern 1 – 3 des Abs. 3 sind unterschiedliche Arbeitgeberfunktionen enthalten, deren zugrundeliegenden unternehmerischen Aufgaben gleichwertig sind. Diese Aufgaben müssen die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb oder Unternehmen prägen.

Gem. § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern berechtigt ist. Voraussetzung ist damit kumulativ Einstellungs- und Entlassungsbefugnis. Zudem muss die Entlassungsbefugnis im Innen- und Außenverhältnis bestehen. Der Arbeitnehmer muss im Wesentlichen frei von Weisungen über Einstellung und Entlassung entscheiden können.

Die Nr. 2 hat handelsrechtliche Vollmachten zum Bezugspunkt für die Eigenschaft als leitender Angestellter. Praktisch bedeutungsam ist insbesondere die Prokura. Die Prokura bevollmächtigt – von wenigen Ausnahmen abgesehen – zu allen außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, vgl. § 49 HGB. Hat der Arbeitnehmer Prokura, ist erforderlich, dass diese zudem auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist. Hierfür sind nicht nur die mit der Bevollmächtigung verbundenen formellen Vertretungsbefugnisse ausschlaggebend, sondern auch die der Prokura zugrunde liegenden unternehmerischen Aufgaben, für deren Wahrnehmung dem Mitarbeiter die Bevollmächtigung verliehen worden ist. Diese Aufgaben müssen sich deutlich von den Aufgaben abheben, die Arbeitnehmern normalerweise übertragen werden. Kein leitender Angestellter ist, wer im Innenverhältnis zum Arbeitgeber verpflichtet ist, von der Prokura keinen selbstständigen Gebrauch zu machen.

Die Grunddefinition eines leitenden Angestellten enthält letztlich § 5 Abs. 3 BetrVG. Danach muss ein leitender Angestellter Aufgaben wahrnehmen, die kumulativ für den Bestand und die Entwicklung eines Unternehmens oder Betriebes von Bedeutung sind. Die Tätigkeit muss zudem besondere Erfahrungen und Kenntnisse erfordern und dem Arbeitnehmer Raum für eine eigene unternehmerische Initiative lassen, den er im Wesentlichen weisungsfrei ausfüllen kann.

Oft übersehen wird, dass der Begriff des leitenden Angestellten im BetrVG sich von dem im KSchG verwendeten Begriff unterscheidet. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass § 14 Abs. 2 KSchG von Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis spricht, während § 5 Abs. 3 BetrVG ein kumulatives Vorliegen der Befugnisse voraussetzt. Zudem wird von § 14 KSchG eine Stellung vorausgesetzt, die der eines Geschäftsführers oder Betriebsleiters entspricht.

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen

Briefwahl für alle bei der Betriebsratswahl!?

Es ist weiter davon auszugehen, dass auch die kommenden regelmäßigen Betriebsratswahlen zwischen März und Mai 2022 ganz im Zeichen der Corona-Pandemie stehen werden. Umso dringlicher wird deshalb die Frage, ob zur Vereinfachung der Wahlbeteiligung und zur Vermeidung der Ansteckungsgefahr im Wahlraum vom Wahlvorstand allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Verzicht auf eine Stimmabgabe vor Ort von Amts wegen Briefwahlunterlagen übermittelt werden können. So nachvollziehbar der Gedanke - auch im Sinne ein möglichst hohen Wahlbeteiligung trotz Pandemie - sein mag, so wenig Spielraum gibt die Wahlordnung für einen entsprechende Maßnahme des Wahlvorstandes her.

ballot box 32384 1280

Grundsätzlich differenziert die Wahlordnung zum BetrVG zwischen einer Übermittlung der Briefwahlunterlagen an Wählerinnen und Wähler von Amts wegen oder auf deren Antrag hin. In § 24 Abs. 2 und Abs. 3 WO zählt der Gesetzgeber drei Fallgruppen auf, bei deren Vorliegen den Wahlberechtigten die Briefwahlunterlagen auch ohne entsprechendes Verlangen - also von Amts wegen - zu übermitteln sind:

  • Für Wahlberechtigte, die auf Grund der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere im Außendienst, Telearbeit oder Heimarbeit voraussichtlich im Zeitpunkt der Wahl nicht im Betrieb anwesend sein werden (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 WO)
  • Für Wahlberechtigte, die vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl aus anderen Gründen, insbesondere wegen Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit, voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden.
  • Für Wahlberechtigte in räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernte Betriebsteile und Kleinstbetriebe (§ 24 Abs. 3 WO)

Mit dem Erlass der neuen Wahlordnung hat der Gesetzgeber u.a. gerade die zweite Fallgruppe neu eingeführt, weil es nach bisher herrschender Auffassung nicht möglich gewesen ist, z.B. Dauerkranken oder Wahlberechtigten in Elternzeit Briefwahlunterlagen von Amts wegen zukommen zu lassen. 

Wahlberechtigte, die von den vorstehend genannten Fallgruppen nicht erfasst sind, erhalten die Briefwahlunterlagen nur auf entsprechendes Verlangen gegenüber dem Wahlvorstand. Die Vorgaben der Wahlordnung sind insofern bindend. Das Bundesarbeitsgericht (BAG v. 27.01.1993 - 7 ABR 37/92) hat bereits im Rahmen einer Aufsichtsratswahl entschieden, dass eine generelle Anordnung von Briefwahl nicht möglich ist. Dem haben sich zahlreiche Landesarbeitsgerichte angeschlossen (z.B. LAG Hamm v. 05.08.2011 - 10 TaBV 13/11 mit weiteren Entscheidungsnachweisen). Ob dies in Zeiten der Corona-Pandemie einzuschränken wäre, ist bisher noch nicht geklärt. Allerdings hätte der Gesetzgeber in Kenntnis der Problematik, bei Erlass der neuen Wahlordnung bereits eine generelle Anordnung der Briefwahl ermöglichen können. Dies hat er entgegen der Rechtslage bei der Personalratswahl nicht getan, sondern lediglich die neue Fallgruppe in § 24 Abs. 2 Nr. 2 WO eingefügt. Somit wäre es höchst riskant, wollte der Wahlvorstand tatsächlich ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 bzw. Abs. 3 WO eine generelle Briefwahl anordnen. Zwar wird dies nicht zu einer Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen. Eine Anfechtung der Wahl wäre aber durchaus zu befürchten.

Wahlvorständen ist auf Grund dessen zu raten, die Voraussetzungen der drei obengenannten Fallgruppen genau zu prüfen. Oft besteht bei konsequenter Anwendung die Möglichkeit, bereits eine große Anzahl der Wahlberechtigten hierunter zu fassen, z.B. bei Wahlberechtigten, die auf Grund der Pandemie dauerhaft von zu Hause / mobil arbeiten und deshalb nicht im Betrieb sind. Auch die Möglichkeit, für räumlich weit entfernte Betriebsteile und Kleinstbetriebe die Briefwahl zu beschließen sollte konsequent genutzt werden. Die räumlich weite Entfernung in diesem Sinne kann bereits bei wenigen Kilometern in Betracht kommen. Auf diese Weise kann erreicht werden, dass jedenfalls der Andrang im Wahlraum in Grenzen gehalten wird und das betriebliche Hygienekonzept einfacher umsetzbar ist. Daneben spricht nichts dagegen, als Wahlvorstand die Belegschaft neben den Ausführungen im Wahlausschreiben noch einmal an verschiedenen Stellen im Betrieb prominent auf die Möglichkeit eines Briefwahlantrags hinzuweisen.

Geschäftsführung im Wahlvorstand für die Betriebsratswahl

Die interne Organisation des Wahlvorstandes ist in der Wahlordnung nur in groben Zügen vorgegeben. An vielen Stellen lässt sich allerdings an die Geschäftsführung im Betriebsrat anknüpfen. Es gibt jedoch auch einige Besonderheiten zu beachten.

vote 3569999 1920

Die Bestellung eines oder einer Vorsitzenden im Wahlvorstand ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber zulässig und in der Praxis auch durchaus sinnvoll. Besteht im Betrieb noch ein Betriebsrat, so bestimmt dieser durch Mehrheitsbeschluss auch den Vorsitz. Gibt es keinen Betriebsrat (mehr), so wählen die Mitglieder des Wahlvorstandes aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden.

Der Vorsitzende organisiert die Sitzungen, leitet sie und vertritt den Wahlvorstand gegenüber dem Arbeitgeber. Außerdem ist er berechtigt, Erklärungen, die dem Wahlvorstand gegenüber abzugeben sind, für diesen entgegenzunehmen.

Wie auch der Betriebsrat, kann sich der Wahlvorstand eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Schriftform und kann Verfahrensfragen regeln, soweit diese nicht gesetzlich zwingend vorgegeben sind. Eine Geschäftsordnung kann in größeren Gremien sinnvoll sein, ist aber sonst in der Praxis eher selten.

Der Wahlvorstand kann seine Entscheidungen nur in einer Sitzung fassen. Damit wirksam Beschlüsse gefasst werden können, bedarf es zunächst einer ordnungsgemäßen Ladung zur Wahlvorstandssitzung. Eine gesetzlich vorgegebene Ladungsfrist gibt es für Wahlvorstandssitzungen ebensowenig wie für Betriebsratssitzungen. Als Leitlinie kann herangeogen werden, dass die Ladung so rechtzeitig erfolgen muss, dass es den Wahlvorstandsmitgliedern möglich ist, sich ordnungsgemäß auf die Sitzung vorbereiten zu können. Damit hängt die Rechtszeitigkeit vor allem vom Inhalt der Beschlussthemen, deren Komplexität und Umfang ab. Anders als bei der Ladung zu einer Betriebsratssitzung bedarf es für den Wahlvorstand keiner detaillierten Tagesordnung. Selbst ohne Mitteilung einer Tagesordnung können wirksame Beschlüsse gefasst werden (vgl. GK-BetrVG/Kreutz/Jacobs, § 1 WO Rn. 9).

Beschlussfähig ist der Wahlvorstand, wenn mehr als die Hälfte seiner stimmberechtigten Mitglieder an der Sitzung teilnimmt. Ein Beschluss ist gefasst, wenn mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder des Wahlvorstandes dem Beschluss zustimmt. Hat der Wahlvorstand drei stimmberechtigte Mitglieder, müssen folglich mindestens zwei für den Beschlussantrag stimmen. Stimmenthaltungen wirken sich faktisch somit wie Nein-Stimmen aus.

Ob der Wahlvorstand seine Sitzungen im Rahmen einer Videokonferenz durchführen kann, ist bisher weiter unklar. Zwar schließt der Wortlaut der Wahlordnung dies nicht per se aus. Denn anders als in § 33 BetrVG wird in § 1 Abs. 2 WO nicht auf die „anwesenden“ Mitglieder abgestellt, oder lediglich auf die „stimmberechtigten Mitglieder“. Allerdings ist im aktuell noch bis zum 30.06.2021 geltenden § 129 BetrVG, der Telefon- oder Videokonferenzen für die Beschlussfassung im Betriebsrat ermöglicht, der Wahlvorstand nicht genannt. Hierin könnte eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zu sehen sein, dass der Wahlvorstand gerade nicht die Möglichkeit einer Telefon- oder Videokonferenz nutzen können soll. Auch im neuen Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist zwar weiter für den Betriebsrat und andere betriebsverfassungsrechtliche Gremien vorgesehen, dass diese ihre Sitzungen in Form einer Telefon- oder Videokonferenz abhalten können. Der Wahlvorstand ist aber wiederum nicht genannt. In Anbetracht dessen, dass das Betriebsrätemodernisierungsgesetz auch Anpassungen am Wahlverfahren vorsieht, bisher aber nicht beim Wahlvorstand, liegt es nahe, dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung nicht vorliegen. Allerdings sind die Regelungen zu den Sitzung des Wahlvorstandes in der Wahlordnung ohnehin recht rudimentär und es wird ergänzend auf die für den Betriebsrat geltenden Regelungen zurückgegriffen. Im Ergebnis erscheint es aber ratsam, Beschlussfassungen im Wahlvorstand nicht im Wege einer Video- oder Telefonkonferenz abzuhalten. Hinzukommt, dass eine Beschlussfassung im Wahlvorstand per Video- oder Telefonkonferenz, selbst wenn man § 30 Abs. 2 BetrVG analog anwendete, einer schriftlichen und den Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BetrVG genügenden Geschäftsordnungsregelung bedürfte. Die Erstellung einer solchen Geschäftsordnung bindet gerade in kleinen Wahlvorständen, unnötige zeitliche Kapazitäten.

Natürlich spricht nichts dagegen, informelle Abstimmungen und Termine zur Vorbereitung von Beschlüssen per Videokonferenz- oder Telefonkonferenz abzuhalten. Beschlussfassungen sollte jedoch in Präsenzsitzungen erfolgen.Dies gilt auch dann, wenn ansonsten im Betrieb üblich ist, dass Gremiumssitzungen digital abgehalten werden und dies zum Beispiel auf einem „Agreement“ mit dem Arbeitgeber beruht. Ein solches Agreement schützt nicht vor einer Wahlanfechtungen durch drei wahlberechtigte Arbeitnehmer.

Wahlvorstandssitzungen sind grundsätzlich nicht öffentlich. Im Rahmen des Erforderlichen kann das Gremium aber z.B. Auskunftspersonen oder Sachverständige hinzuziehen. Auch der Arbeitgeber oder externe Gewerkschaftsvertreter können auf Einladung des Wahlvorstandes zur Sitzung eingeladen werden.

Daneben kann der Wahlvorstand nach freiem Ermessen sog. Wahlhelfer heranziehen, vgl. § 1 Abs. 2 S. 2 Wahlordnung. Diese werden aus dem Kreise der wahlberechtigten Arbeitnehmer bestellt und können den Wahlvorstand bei der Durchführung der Stimmabgabe und bei der Stimmauszählung unterstützen. Zur Bestellung der Wahlhelfer bedarf es eines Beschlusses des Wahlvorstandes, aber keines Einverständnisses des Arbeitgebers. Dieser ist lediglich über die Bestellung zu informieren. Zudem gilt für die Anzahl der Wahlhelfer der Erforderlichkeitsgrundsatz, so dass der Wahlvorstand nicht mehr Wahlhelfer bestellen darf als für die anfallenden Aufgaben voraussichtlich gebraucht werden.

Achtung! Wahlhelfer haben ausschließlich eine unterstützende Funktion und keinesfalls ein Stimmrecht im Wahlvorstand! Zum Beipiel darf ihnen deshalb nicht die Erstellung der Wählerliste übertragen werden. Auch steht den Wahlhelfern kein besonderer Kündigungsschutz zu.

Zu guter Letzt sollten Wahlvorstände immer an eine ordnungsgemäße Protokollierung denken. Eine solche Niederschrift wird von § 1 Abs. 3 WO vorgegeben. Sie ist vom Vorsitzenden und einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstandes zu unterzeichnen.

Der Wahlvorstand ist zudem gehalten, strikte Neutralität im Rahmen des Wahlverfahrens zu wahren. Es ist ihm damit insbesondere untersagt Einfluss auf das Wahlverhalten oder sogar das Wahlergebnis zu nehmen. Mehr zur Neutralitätspflicht findet ihr in unseren gesonderten Blogbeitrag.

Betriebsratswahl: Verfahren zur Bestellung des Wahlvorstands

Zentrales Gremium für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl sowie die Feststellung des Wahlergebnisses ist der Wahlvorstand, vgl. § 18 Abs. 1 BetrVG. 

Nach der Durchführung der Betriebsratswahl lädt der Wahlvorstand zur konstituierenden Sitzung des neugewählten Betriebsrats ein und leitet – regelmäßig in Person des Wahlvorstandsvorsitzenden – die Sitzung bis zur Wahl eines Wahlleiters.

Ohne einen Wahlvorstand kann ein Betriebsrat nicht gewählt werden; die Wahl wäre nichtig.

works council 970163 1920

a. Bestellung durch den Betriebsrat

aa. Zeitpunkt

Ist im Betrieb bereits ein Betriebsrat vorhanden, bestellt dieser auch den Wahlvorstand für die nächste Wahl spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit, § 16 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Eine frühere Bestellung wird in der Regel zweckmäßig sein. Sie ist auch nicht missbräuchlich, solange die Bestellung nicht zu einem völlig unangemessenen Zeitpunkt erfolgt. Ein Zeitraum von 16 -20 Wochen vor dem Ablauf der Amtszeit ist in aller Regel als angemessen anzusehen (vgl. Fitting, § 16 Rn. 8).

Der Betriebsrat kann die Bestellung des Wahlvorstandes auch noch nach Ablauf der Zehn-Wochen-Frist nachholen, sofern noch keine rechtskräftige gerichtliche Ersatzbestellung vorliegt und die Amtszeit des Betriebsrats noch nicht abgelaufen ist.

Über uns

Wir sind eine zivil- und verwaltungsrechtlich ausgerichtete Partnerschaft von Rechtsanwälten. Bei uns finden Sie Ihren Experten für die Rechtsgebiete Mietrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht und Verwaltungsrecht. Einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt bildet das Datenschutzrecht.

Büro Gießen

Schiffenberger Weg 61
35394 Gießen

Tel.: 0641 9727668
Fax: 0641 9727669

giessen@jota-rechtsanwaelte.de

Büro Rechtenbach

Am Schwingbach 11
35625 Hüttenberg

Tel.: 06441 679766
Fax: 06441 679768

rechtenbach@jota-rechtsanwaelte.de