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Die Betriebsvereinbarung


Die Betriebsvereinbarung ist das wohl häufigste und praktisch wichtigste Instrument, mit dem die Betriebsparteien die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer sowie die betriebliche Organisation und Ordnung einvernehmlich festlegen. Bei einer Betriebsvereinbarung handelt es sich um einen formgebundenen, zweiseitigen kollektiven Normenvertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, den diese im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben abschließen. Die Betriebsvereinbarung gilt gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG für die Arbeitnehmer in ihrem Anwendungsbereich unmittelbar und zwingend. In der arbeitsrechtlichen Normenhierarchie ist die Betriebsvereinbarung zwischen dem Arbeitsvertrag und dem Tarifvertrag anzusiedeln. Sie ist auszulegen wie ein Gesetz. Damit ist primär ihr Wortlaut ausschlaggebend. Ist dieser nicht eindeutig, so ist der wirkliche Willen der Betriebsparteien zu ergründen.

Zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat entfaltet eine Betriebsvereinbarung zudem schuldrechtliche Wirkungen. Mit ihrem Abschluss entsteht ein betriebsverfassungsrechtliches Schuldverhältnis. Zu diesem gehört u.a. die gegenseitige Verpflichtung, Maßnahmen zu unterlassen, die der getroffenen Vereinbarung widersprechen. Die Auslegung des schuldrechtlichen Teils folgt derjenigen privatrechtlicher Willenserklärungen. Sie richtet sich nach §§ 133, 157 BGB.
Begrifflich kann zwischen freiwilligen und erzwingbaren Betriebsvereinbarungen unterschieden werden. Eine Betriebsvereinbarung ist immer dann erzwingbar, wenn in der zu regelnden Angelegenheit ein zwingendes Mitbestimmungsrecht besteht. Praktisch wichtigster Fall einer erwzingbaren Regelung sind die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten gem. § 87 Abs. 1 BetrVG. Aber etwa auch bezüglich der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern gem. § 38 Abs. 2 BetrVG ist eine Regelung erzwingbar. Der wesentliche Unterschied zwischen erzwingbaren und freiwilligen Betriebsvereinbarungen besteht darin, dass erzwingbare Betriebsvereinbarung im Fall einer Kündigung oder des Zeitablaufs gem. § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfalten.

I. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung

Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung setzt die eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat voraus. Es müssen zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Betriebspartner, namentlich Angebot und Annahme, vorliegen. Hierbei ist ein besonderes Augenmerk auf die Erklärung des Betriebsrats zu legen. Sie kann insbesondere nicht alleine vom Betriebsratsvorsitzten beschlossen werden, sondern setzt einen ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrats als Gremiums voraus. Möglich ist allerdings die nachträgliche Genehmigung einer durch den Betriebsratsvorsitzenden abgegebenen Erklärung durch Beschluss des Betriebsrats. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung bedarf zwingend der Schriftform, so dass beide Betriebspartner eigenhändig auf derselben Urkunde unterzeichnen müssen. Eine formunwirksame Betriebsvereinbarung kann allerdings ggf. als formlose Regelungsabrede aufrecht erhalten werden. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarung gem. § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine Ordnungsvorschrift und nicht um eine zwingende Formvorgabe. Ein Verstoß hiergegen führt daher nicht zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung.

II. Was kann in Betriebsvereinbarungen geregelt werden?

Gegenstand von Betriebsvereinbarungen können grundsätzlich alle materiellen und formellen Arbeitsbedingungen sein. Den Betriebsparteien steht insofern eine umfassende Kompetenz zur Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen sowie formeller und materieller Arbeitsbedingungen zu. Auch Regelungen zu Lasten der Arbeitnehmer sind grundsätzlich möglich. Allerdings gilt im Verhältnis zwischen Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung das Günstigkeitsprinzip. Für Betriebsvereinbarung gelten insbesondere nicht die Vorgabe des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen. § 310 Abs. 4 S.1 BGB sieht insofern eine Bereichsausnahme vor.

Die Regelungsbefugnis der Betriebspartner unterliegt allerdings auch Grenzen. Sie ist insbesondere an höherrangiges staatliches Recht gebunden und mittelbar an die grundrechtlichen Wertentscheidungen gebunden. Praktische Relevanz haben hier in jüngerer Zeit immer wieder Verstöße gegen das AGG. Die Betriebspartner sind außerdem dann in ihrer Regelungskompetenz eingeschränkt, wenn bereits ein Tarifvertrag über die zu treffenden Regelungen besteht oder die zu regelenden Arbeitsbedingungen üblicherweise in einem Tarifvertrag geregelt werden, § 77 Abs. 3 BetrVG (sog. Tarifvorbehalt - vgl. meinen Post hierzu).

Verstößt eine Betriebsvereinbarung gegen zwingendes Gesetzesrecht, so ist sie regelmäßig gem. § 134 BGB nichtig.

Ein Verzicht der Arbeitnehmer auf Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats wirksam, § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG

III. Welchen Anwendungsbereich haben Betriebsvereinbarungen?

Betriebsvereinbarungen finden grundsätzlich in dem Betrieb Anwendung, für den der abschließende Betriebsrat gewählt ist. Sie gilt für alle dort beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, , selbst wenn der Mitarbeiter erst nach Abschluss der Betriebsvereinbarung eingestellt wurde. Schwieriger ist die Beurteilung der Anwendung einer Betriebsvereinbarung auf bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer. Nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung fehlt den Betriebspartnern im Hinblick auf ausgeschiedene Arbeitnehmer, insbesondere Rentner, die Regelungsbefugnis.

Den Betriebspartnern steht es frei, bestimmte Personengruppen vom Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung auszunehmen.

Ein Betriebsvereinbarung, die vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen wird (Gesamtbetriebsvereinbarung), gilt gem. § 50 Abs. 1 BetrVG für alle Betriebe des Unternehmens.

IV. Wie und wann endet eine Betriebsvereinbarung?

Eine Betriebsvereinbarung kann durch Kündigung, Aufhebungsvereinbarung, Zeitablauf, Erreichen des mit ihr verfolgten Zwecks oder mit dem Wegfall der betrieblichen Organisation als Regelungsgegenstand der Betriebsvereinbarung enden. Eine Betriebsvereinbarung kann zudem durch eine zeitlich nachfolgende Betriebsvereinbarung über ihren Regelungsgegenstand abgelöst werden, sobald diese in Kraft tritt. In diesem Fall gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern das Ablöseprinzip, da es sich um Rechtsquellen von gleichem Rang handelt.
Werden Regelungsgegenstände in einer neuen Betriebsvereinbarung nur teilweise neu vereinbart, bleibt bezüglich der übrigen Regelungen die alte Betriebsvereinbarung in Kraft, sofern die Betriebsparteien nichts anderes vereinbaren.

Regelt die Betriebsvereinbarung einen Gegenstand der zwingenden Mitbestimmung, enfaltet sie gem. § 77 Abs. 6 BetrVG solange Nachwirkung, bis sie durch eine andere Regelung ersetzt wird. Haben nur Teile der Betriebsvereinbarung zwingend mitbestimmte Regelungen zum Gegenstand, kommt grundsätzlich nur eine Nachwirkung hinsichtlich der Gegenstände in Frage, die der zwingenden Mitbestimmung unterfallen, wenn sie sich sinnvoll in einen nachwirkenden und einen nichtnachwirkenden Teil aufspalten lässt. Ist eine solche Aufspaltung nicht möglich, entfallt die vollständige Betriebsvereinbarung eine Nachwirkung. Bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers, die in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind, stellt sich oft die Problematik, dass das "Ob" der Leistungsgewährung sowie ihr Umfang nicht mitbestimmungspflichtig sind, die Modalitäten der Verteilung unter den Arbeitnehmern dagegen aber der Mitbestimmungspflicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. In diesem Fall ist zu differenzieren:

  • Wird die Leistung vollständig eingestellt, tritt keine Nachwirkung ein. 
  • Geht es um eine neue Verteilung der Leistung, besteht insgesamt eine Nachwirkung.
  • Sollen sowohl Dotierungsrahmen als auch Verteilungsplan geändert werden, wirkt die gesamte Betriebsvereinbarung nach. 
  • Will der Arbeitgeber lediglich den Dotierungsrahmen verringern, besteht Nachwirkung bezüglich des Verteilungsplans.


Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten

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Stichworte: Rückzahlungsklausel Fortbildungskosten 


"Man lernt nie aus." Das gilt im Besonderen im Arbeitsleben. Vor allem die immer schneller fortschreitende technische Entwicklung führt dazu, dass Arbeitnehmer sich fortbilden müssen und wollen. Ist eine vom Arbeitgeber finanzierte Fortbildung teuer und ggf. mit einer längeren Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung verbunden, verlangen Arbeitgeber oftmals eine Rückzahlungsvereinbarung im Hinblick auf die Fortbildungskosten. 

Gegenstand einer solchen Vereinbarung ist die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die vom Arbeitgeber geleisteten Fortbildungskosten zurückzuzahlen, wenn er innerhalb eines bestimmten Zeitraums das Unternehmen verlässt. Der Arbeitgeber will sich mit der Rückzahlungsverpflichtung also eine gewisse Betriebstreue des Arbeitnehmers sichern. Die erlernten Fähigkeiten des Arbeitnehmers sollen dem Unternehmen auch für eine gewisse Zeit zur Verfügung stehen. Andererseits schränkt eine Rückzahlungsvereinbarung den Arbeitnehmer in seiner Berufsausübungsfreiheit ein.

Die vertragliche Ausgestaltung einer solchen Vereinbarung ist komplex. Insbesondere sind die Vorgaben des AGB-Rechts einzuhalten. Grundsätzlich begegnet eine Rückzahlungsvereinbarung keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Fortbildung dem Arbeitnehmer tatsächlich auch einen geldwerten Vorteil bringt, etwa weil die erworbene Qualifikation bei zukünftigen Bewerbungen die Chancen des Arbeitnehmers verbessert. 

Außerdem darf es sich nicht um eine Fortbildung handeln, die lediglich betriebsbezogene Kenntnisse vermittelt, ohne dem Arbeitnehmer neue berufliche Möglichkeiten zu eröffnen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Fortbildung dazu dient, dem Arbeitnehmer die für seinen Arbeitsplatz erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln oder zu vertiefen. In diesem Fall ist eine Rückzahlungsverpflichtung unzulässig.

Wesentlich für die Angemessenheitskontrolle der Rückzahlungsklausel ist die vereinbarte Bindungsdauer. Allgemein gesprochen muss der Zeitraum während dessen den Arbeitnehmer bei Verlassen des Unternehmens eine Rückzahlungspflicht trifft, in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Fortbildung stehen. Die Rechtsprechung hat hierzu Leitlinien entwickelt: 

Dauert die Fortbildung bis zu einem Monat und ist der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt, so ist eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten zulässig. Bei einer Fortbildungsdauer von bis zu zwei Monaten verlängert sich die zulässige Bindungsdauer auf bis zu ein Jahr. Eine zweijährige Bindung des Arbeitnehmers ist bei einer Fortbildungsdauer von drei bis vier Monaten zulässig. Bei einer Fortbildungsdauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr kommt maximal eine Bindungsdauer von drei Jahren und bei einer mehr als zweijährigen Dauer eine Bindung von fünf Jahren in Betracht. Hierbei handelt es sich allerdings nur um richterrechtlich entwicklte Richtwerte, die nicht sklavisch angewandt werden dürfen, sondern es sind immer die Besonderheiten des Einzelfalls im Blick zu behalten. So kann etwa die Höhe der aufgewandten Fortbildungskosten eine Verlängerung der Bindungsdauer rechtfertigen.

Enthält eine Rückzahlungsklausel eine unzulässig lange Bindungsdauer, kann sie grundsätzlich nicht auf die zulässige Bindungsdauer reduziert werden. Dies wird zwar teilweise erwogen, ein Arbeitgeber sollte sich aber in keinem Fall hierauf verlassen. 

Eine Rückzahlungspflicht muss zudem dann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu vertreten hat. Es muss daher differenziert werden: Eigenkündigung, verhaltensbedingte Kündigung und ggf. personenbedingte Kündigung können grundsätzlich eine Rückzahlungspflicht auslösen. Unzulässig ist dagegen eine Rückzahlungsverpflichtung im Fall einer betriebsbedingten Kündigung.

Um dem Transparenzgebot zu genügen fordert die aktuelle Rechtsprechung des BAG, dass die Rückzahlungsvereinbarung außerdem die voraussichtlichen Fortbildungskosten aufgezeigt. Die zu erwartenden Kosten sind daher in der Vereinbarung aufzuführen.

Die Höhe der Rückzahlungspflicht muss als letztes in Abhängigkeit zu dem im Zeitpunkt der Beendigung bereits zurückgelegten Zeitraum der Bindungsdauer gesetzt und entsprechend gekürzt werden. Hat der Arbeitnehmer also beispielsweise bei einer Bindungsdauer von 24 Monaten im Zeitpunkt des Ausscheidens bereits ein Jahr der Bindungsdauer absolviert, so ist die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung um 12/24, also die Hälfte, gekürzt werden. Auch dies muss in der Rückzahlungsvereinbarung festgehalten sein.

Neues zum gerichtlichen Vergleich als Befristungsgrund?

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Stichworte: Befristungsgrund gerichtlicher Vergleich

In einem gerichtlichen Vergleich kann unter Umständen auch die Befristung eines Arbeitsverhältnisses geregelt sein, zum Bespiel bei der Vereinbarung einer Prozessbeschäftigung. Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 TzBfG scheint es zunächst nahezulegen, dass ein gerichtlicher Vergleich einen Sachgrund für eine Befristung darstellt und folglich auch eine Befristung über eine Dauer von zwei Jahren hinaus oder bei einer Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zulässig wäre.

Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 TzBfG wird vom BAG allerdings restriktiv ausgelegt. So genügt es etwa nicht, dass ein Vergleich lediglich auf Grund übereinstimmender schriftsätzlicher Vergleichsvorschläge der Parteien gem. § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO vom Gericht protokolliert wird. Es bedarf vielmehr auch einer inhaltlichen Mitwirkung durch das Gericht. Demzufolge muss der Vergleichsvorschlag nach der Rechtsprechung des BAG vom Gericht kommen.

Das LAG Niedersachsen (Urt. v. 05.11.2013 -  1 Sa 489/13) weicht in einer aktuellen Entscheidung von der Linie des BAG ab. Auch ein lediglich gem. § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO protokollierter Vergleich soll danach die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 TzBfG erfüllen. Nach Auffassung des LAG Niedersachsen muss die gesetzliche Erweiterung in § 278 Abs. 6 ZPO, die den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vereinfachen sollte, auch bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG berücksichtigt werden. Beide Alternativen des § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO sollen somit gleichbehandelt werden.

Ob die Argumentation des LAG Niedersachsen tatsächlich die Ausweitung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 TzBfG zu begründen vermag, erscheint zumindest zweifelhaft. Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 TzBfG davon ausgegangen, dass die Mitwirkung des Gerichts am Vergleich zu einem angemessenen Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt und somit eine Befristung zu rechtfertigen vermag. Fehlt wie bei einem durch überstimmenden schriftsätzlichen Vergleichsvorschlag der Parteien zustandegekommenen Vergleich, eine inhaltliche Mitwirkung des Gerichts, so besteht keine solche Gewähr für einen angemessenen Interessenausgleich mehr.

Möglicherweise wird sich das BAG nun erneut mit der Frage befassen müssen, da das LAG die Revision zum BAG zulassen hat. Arbeitgeber sind allerdings gut beraten, weiter darauf zu achten, dass ein Vergleich, der eine Befristung des Arbeitsverhältnisses enthält, vom Gericht unterbreitet wird.

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Anforderungen an die Betriebsratsanhörung bei Wartezeitkündigung

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Stichworte: Kündigung Wartezeit Betriebsratsanhörung

Unter einer Wartezeitkündigung versteht man die in den ersten sechs Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erklärte Kündigung. Da in diesen ersten sechs Monaten das KSchG grundsätzlich keine Anwendung findet, muss der Arbeitgeber für die Kündigung auch keinen verhaltens-, betriebs- oder personenbedingten Kündigungsgrund vorweisen können. Es ist ausreichend, dass der Arbeitgeber zu denmSchluss gelangt ist, der Übergang des Arbeitsverhältnisses in den Anwendungsbereich des KSchG entspreche nicht dem unternehmerischen Interesse.

Erhöhte Vorsicht ist bei einer solchen Wartezeitkündigung allerdings bei der Betriebsratsanhörung geboten. Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, so ist dieser auch bei einer Wartezeitkündigung ordnungsgemäß iSv § 102 BetrVG anzuhören. Nach Auffassung des BAG soll der Betriebsrat auch dann in die Lage versetzt werden, auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn ggf. umzustimmen, wenn ein individualrechtlicher Kündigungsschutz nicht oder noch nicht besteht. 

Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört worden, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss ausschlaggebend gewesen sind. Der Arbeitgeber muss seinen Kündigungsentschluss regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigung beurteilen kann, so das BAG.

In einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 12.09.2013 - 6 AZR 121/12) führt das BAG schulbuchmäßig aus, wie bei einer Wartezeitkündigung zu differenzieren ist: Es ist zwischen Kündigungen zu unterscheiden, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden und solchen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich regelmäßig nicht nachprüfen lassen. 

Wird die Kündigung auf substantiierbare Tatsachen gestützt, müssen diese Tatsachen dem Betriebsrat mitgeteilt werden. Beruht sie dagegen auf einem personenbezogenen Werturteil, muss dem Betriebsrat lediglich das Werturteil mitgeteilt werden. Beispiele für letzteres sind etwa "Der Arbeitnehmer ist für die von ihm zu bewältigenden Aufgaben nicht geeignet." oder "Der Arbeitnehmer hat sich während der Probezeit nicht bewährt." Diese Mitteilung reicht für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung in der Wartezeit aus. Wird die Kündigung dagegen auf ein konkretes Vorkommnis gestützt, so ist dieses dem Betriebsrat möglichst detailliert mitzuteilen, etwa bei einer Beleidigung des Vorgesetzten.

Wichtig! Oftmals wird in der Praxis der Ablauf der Wartezeit eines Mitarbeiters nicht rechtzeitig bemerkt, so dass die Wochenfrist für die Betriebsratsanhörung vor Ablauf der Wartezeit nicht mehr eingehalten werden kann. Wird beispielsweise erst am 26.06. bemerkt, dass die Wartezeit am 30.06. abläuft, so kann man zwar noch eine Betriebsratsanhörung einleiten. Will der Betriebsrat den betroffenen Arbeitnehmer allerdings in den Kündigungsschutz "retten", lässt er schlicht die Wochenfrist ohne abschließende Stellungnahme verstreichen oder antwortet am 01.07. Eine Wartezeitkündigung ist dann nicht mehr möglich. Personalverantwortlichen ist daher dringend anzuraten, sich bestimmte Termine zu notieren, um Feedbackgespräche zu führen und sich spätestens drei Wochen vor Ablauf der Wartezeit den Vorgang wieder vorlegen zu lassen, um eine Entscheidung über das Bestehen der Probezeit rechtzeitig zu initiieren. 



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Private Werbung für Produkte des Arbeitgebers auf Facebook kann teuer werden!

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Stichworte: Wettbewerbsrecht

Gut gemeint und doch eine teure Angelegenheit für den Arbeitgeber:

Auch Arbeitgeber haben Facebook als Werbeplattform für sich entdeckt. Teilweise werden Mitarbeiter sogar darum gebeten, die eigene Facebook-Fanpage des Arbeitgebers  mit "Gefällt mir" zu markieren. Preisen Mitarbeiter über Facebook zudem noch die Produkte des Arbeitgebers an, kann dies einen tollen Werbeeffekt haben, mitunter kann dies den Arbeitgeber teuer zu stehen kommen.

In einem vom LG Freiburg (Az. 12 O 83/13) entschiedenen Fall hatte ein Verkäufer eines Autohauses auf seiner privaten Facebookseite unter Verweis auf das namentlich genannte Autohaus sowie seine dienstliche Telefonnummer für zum Verkauf stehende PKW geworden. Dabei hatte er allerdings verschiedene Angaben nicht gemacht, die vorgeschrieben sind, etwa den Kraftstoffverbrauch oder die CO2-Emissionswerte. Auch ein Impressum fehlte sowie die Angabe der Leistung der PKW in KW. Dies nahm die Klägerin, eine Organisation zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zum Anlass, Unterlassungsansprüche gegen den Arbeitgeber geltend zu machen, um die wettbewerbswidrige Werbung zu verhindern.

Der Arbeitgeber hatte sich im Wesentlichen darauf berufen, dass er keine Kenntnis von der streitgegenständlichen Werbung gehabt habe und sich diese Kenntnis auch nicht habe verschaffen können. Außerdem sein das Angebot des Mitarbeiters über Facebook nur für Freunde und Bekannte bestimmt und nicht öffentlich gewesen.

Das LG Freiburg befand dagegen, dass das Autohaus auch für die Werbung seines Mitarbeiters über Facebook gem. § 8 Abs. 2 UWG verantwortlich gewesen sei. Der Betriebsinhaber hafte danach auch für ohne seine Kenntnis und gegen seinen Willen innerhalb seiner Betriebsorganisation von Mitarbeitern begangene Wettbewerbsverstöße. Voraussetzung hierfür ist, dass der Erfolg der Handlung des Mitarbeiters zumindest auch dem Arbeitgeber zu Gute kommt und diesem ein bestimmender Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Es darf sich nicht lediglich um eine rein private Tätigkeit des Mitarbeiters handeln. Alleine der beschränkte Leserkreis des Facebook-Posts des Mitarbeiters führte nach Auffassung des LG Freiburg aber nicht bereits zum Entfallen der wettbewerbsrechtlichen Haftungszurechnung. Vielmehr habe es sich um eine Werbeaktion zugunsten des Arbeitgebers gehandelt, der davon profitiere. Unerheblich sei dabei, dass der Mitarbeiter mit der Werbung auch seine  eigenen Verdienstmöglichkeiten habe fördern wollen. Im Ergebnis hatte die Klage vor dem LG Freiburg deshalb in wesentlichen Punkten Erfolg.

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Berechnung des pfändbaren Einkommens

Hat ein Gläubiger des Arbeitnehmers gegen diesen einen Zahlungstitel erwirkt, kann er im Wege der Zwangsvollstreckung den Lohnanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber pfänden. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall den über dem unpfändbaren Einkommen liegenden Nettolohnanteil an den Gläubiger abführen.

Die Berechnung des pfändbaren Lohnes kann sich als schwierig darstellen, insbesondere wenn zum normalen Lohn weitere Gehaltsbestandteile dazukommen, die ganz oder zum Teil unpfändbar sind. Beispielsweise ist ein Weihnachtsgeld bis zur Höhe von 500 Euro unpfändbar.

Das BAG hat in diesem Jahr (Urt. v. 17.04.2013 - 10 AZR 59/12) höchstrichterlich die Frage entschieden, wie in einem solchen Fall die Berechnung des pfändbaren Lohns vorzunehmen ist. Während die meisten LAGs und ihnen folgend die Praxis bis dato von der sog. Bruttomethode ausgegangen waren, nach der die pfändungsfreien Bezüge als Bruttobetrag vom Gesamtbruttoeinkommen abzusetzen und dann die Steuer und Sozialversicherungsbeiträge wieder aus dem gesamten Bruttoeinkommen zu berechnen und in Abzug zu bringen sind, hat das BAG dem nunmehr eine Absage erteilt.

Danach gilt nunmehr die sog. Nettomethode. Nach ihr sind die unpfändbaren Bezüge zunächst als Bruttobetrag vom Gesamtbrutto abzuziehen. Aus dem sich daraus ergebenden Betrag errechnet sich dann nach Abzug von Steuer und Sozialversicherungsbeiträgen der für die Pfändung relevante Nettolohn.


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