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Betriebsratswahl: Wer hat Sonderkündigungsschutz?

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Sonderkündigungsschutz Betriebsratswahl

Im Jahr 2014 stehen die nächsten turnusgemäßen Betriebsratswahlen an. Viele Arbeitnehmer machen sich schon jetzt Gedanken, ob sie für die Wahl kandidieren sollen. Ein nicht unwesentliches Argument für eine Kandidatur ist für einige auch der Sonderkündigungsschutz im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl. Dieser Sonderkündigungsschutz soll insbesondere gewährleisten, dass die Einleitung und Durchführung einer Betriebsratswahl für die beteiligten Arbeitnehmer nicht mit Repressalien seitens des Arbeitgebers verbunden werden kann.

Der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem ein Sonderkündigungsschutz einsetzen kann, ist die Einladung zur Wahl des Wahlvorstandes. Arbeitnehmer, die zur Wahl eines Wahlvorstandes einladen oder die im Rahmen einer gerichtlichen Bestellung des Wahlvorstandes antragsberechtigt sind, werden gem. § 15 Abs. 3a KSchG besonders vor Kündigungen geschützt. Laden mehr als drei Arbeitnehmer zur Wahlvorstandswahl ein oder sind mehr als drei Arbeitnehmer in einem gerichtlichen Bestellungsverfahren in der Antragsschrift genannt, gilt der Sonderkündigungsschutz nur für die ersten drei auf der Einladung bzw. der Antragsschrift genannten Arbeitnehmer.

Sollte es nicht zu einer Betriebsratswahl kommen, so endet der Sonderkündigungsschutz nach drei Monaten gerechnet ab der Einladung bzw. der Antragsstellung. Kommt es zu einer Betriebsratswahl besteht der Sonderkündigungsschutz bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Während der Dauer des Sonderkündigungsschutzes kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit den zur Wahl einladenden oder die Bestellung des Wahlvorstandes gerichtlich beantragenden Arbeitnehmern nur aus wichtigem Grund i.S.d. § 626 BGB kündigen.

Einen noch strikteren Sonderkündigungsschutz genießen Wahlbewerber und die Mitglieder des Wahlvorstandes. Diesen kann bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses ebenfalls nur aus wichtigem Grund gekündigt werden und zudem nur mit Zustimmung des bestehenden Betriebsrats bzw. nach gerichtlicher Ersetzung der Zustimmung. Wird ein Wahlbewerber gewählt, so genießt er den besonderen Kündigungsschutz für die Dauer seiner Amtszeit. Wahlvorstandsmitglieder und Wahlbewerber, die nicht gewählt wurden, genießen darüber hinaus einen nachwirkenden Kündigungsschutz. Ihnen kann für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Einer Zustimmung des Betriebsrats bedarf es allerdings nicht.


Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wiesbaden Wetzlar

Stichworte: Betriebsübergang Widerspruch

Von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer können dem Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 6 BGB widersprechen. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats ab vollständiger Unterrichtung über den Betriebsübergang in Textform erfolgen. An die Vollständigkeit der Unterrichtung werden von der Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt. Diesen Anforderungen werden Unterrichtungsschreiben in vielen Fällen nicht gerecht. Insbesondere die in § 613a Abs. 5 BGB vorgesehene Unterrichtung über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer wirft regelmäßig eine Fülle von Detailfragen auf, die kaum in einem Unterrichtungsschreiben umfassend dargestellt werden können, ohne dass das Schreiben für die Arbeitnehmer unverständlich und erschlagend wird. 

Hieraus ergibt sich auch, dass in der Praxis in einer großen Anzahl von Fällen ein Widerspruch auch nach Ablauf eines Monats nach Unterrichtung noch zulässig ist. Dies hat vermehrt dazu geführt, dass insbesondere im Fall von Unternehmensinsolvenzen, Arbeitnehmer nach mehreren Jahren noch dem Betriebsübergang widersprachen, um rückwirkend das Arbeitsverhältnis zum vorherigen (solventen) Arbeitgeber wieder bestehen zu lassen. 

Hat die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB tatsächlich nicht zu laufen begonnen, so kann das Widerspruchsrecht allerdings verwirkt sein. Eine Verwirkung setzt immer ein Zeitmoment und ein Umstandsmoment voraus. Damit eine Verwirkung überhaupt in Betracht kommt, muss der Arbeitnehmer Kenntnis vom Betriebsübergang und ausreichend Zeit und Anlass gehabt haben, Erkundigungen hierüber einzuziehen und trotzdem über längere Zeit widerspruchslos beim Betriebserwerber tätig gewesen sein. Ein Zeitraum von 7,5 Monaten kann nach der Rechtsprechung des BAG bereits ausreichen, um eine Verwirkung zu begründen. Letztlich müssen allerdings alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, so dass auch nach deutlichen längeren Zeiträumen eine Verwirkung im Einzelfall ausgeschlossen sein kann. Eine Verwirkung kann auch durch das Verhalten des Arbeitnehmers in einem arbeitsgerichtlichen Prozess begründet werden, etwa indem ein Vergleich darüber geschlossen wird, dass ein Betriebsübergang nicht stattgefunden hat. 

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen / Eltville

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Streikaufruf über die dienstliche Mail?

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Koalitionsfreiheit Gewerkschaftswerbung

E-Mails stellen eine effektive und kostenlose Möglichkeit dar, in Sekundenschnelle mit einer großen Anzahl von Menschen zu kommunizieren. Insbesondere über E-Mail-Verteiler lässt sich bei der Informationsverbreitung viel Zeit und Aufwand sparen. Kein Wunder, dass die Gewerkschaften und Betriebsräte die vom Arbeitgeber bereitgestellten E-Mail-Systeme für ihre Kommunikation und insbesondere Werbung entdeckt haben. Da betriebliche E-Mail-Adressen meist ein bestimmtes Schema aufweisen (etwa Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) sind diese sehr einfach zusammen zu stellen. Gewerkschaften und Betriebsräte erreichen auf diesem Weg ohne großen Aufwand eine große Anzahl an Mitarbeitern. Die Freude der Arbeitgeber über die Nutzung der dienstlichen Kommunikationsmittel zu Gewerkschaftszwecken hält sich dagegen regelmäßig in Grenzen. 

Unbestritten ist, dass die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit den Gewerkschaften auch gewährleistet, dass sie für ihre Zwecke werben und die Arbeitnehmer über Aktivitäten und Veranstaltungen informieren darf. Die klassische Form dieser Werbung stellt etwa das Verteilen von Flyern dar. Werbung ist für die Existenz der Gewerkschaften unerlässlich. Streit entzündet sich dagegen regelmäßig an der Reichweite des Werbe- und Informationsrechts und der Art und Weise der Werbung. Grundsätzlich stellt auch die Werbung per Mail eine von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Form der Koalitionsbetätigungsfreiheit dar. Problematisch wird der Versand von Werbemails durch die Gewerkschaften allerdings dann, wenn dadurch der Betriebsablauf gestört wird oder wirtschaftliche Belastungen des Arbeitgebers entstehen (siehe bereits meinen Blog vom 09.04.2013). Solche Werbemaßnahmen greifen jedenfalls in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers und ggf. dessen über Art. 14 GG geschütztes Eigentum ein. Diese Arbeitgebergrundrechte sind gegen die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften abzuwägen. Ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers auf Grund eines Eingriffs in den eingerichteten Gewerbebetrieb liegt nicht schon darin, dass die Arbeitnehmer die Mail lesen und ggf. sogar ausdrucken. Auch alleine mit dem Argument, der Gewerkschaft stünden andere Betätigungsmöglichkeiten zu wie etwa Flyer verteilen oder das Auslegen von Informationsbroschüren, wird sich auf Basis der neueren Rechtsprechung eine E-Mail-Werbung allerdings nicht mehr untersagen lassen.

Der Arbeitgeber muss also im Einzelfall konkret darlegen können, dass die Störung des Betriebsablaufs durch das Lesen der Gewerkschaftsmails über das sozialübliche Maß hinausgeht. In einer neuen Entscheidung vom 15.10.2013 - 1 ABR 31/12 hat das BAG allerdings nun für Streikaufrufe über die dienstliche Mailadresse Grenzen gezogen. Im entschiedenen Fall hatte ein Betriebsratsvorsitzender über den dienstlichen Mailaccount unter dem Namen der ver.di Betriebsgruppe einen Streikaufruf an die betrieblichen Mailadressen der Kollegen verschickt. Das BAG ist der Auffassung, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar sei, die Verbreitung von Streikaufrufen über ihr Intranet zu dulden.

Betriebsratswahl: Kennwörter auf Vorschlagslisten

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wiesbaden Wetzlar

Stichworte: Betriebsratswahl Kennwörter Listenwahl

Die Betriebsratswahl erfolgt gem. § 6 Abs. 1 WO anhand von Vorschlagslisten, wenn mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Es ist grundsätzlich zulässig, Vorschlagslisten mit einer Bezeichnung zu versehen, die für die Kandidaten der Liste charakterisierend ist. Typischerweise wird für gewerkschaftlich unterstützte Listen die Bezeichnung der Gewerkschaft als Kennwort gewählt, etwa "Liste der IG Metall".

Möglich sind aber auch Kennwörter, die gezielt auf die Unabhängigkeit von einer Gewerkschaft hinweisen oder die Themen aus dem Wahlprogramm der Kandidaten aufgreifen. Die Kennwörter müssen allerdings so gewählt werden, dass sie Unterscheidungskraft besitzen und keine Verwechslungsgefahr, etwa mit einer gewerkschaftlichen Liste, besteht. Das BAG hat hierzu entschieden, dass die Verwendung des Namens einer Gewerkschaft in einer nicht gewerkschaftlich unterstützten Liste grob irreführend und damit unzulässig ist (Beschl. v. 15.05.2013 - 13 TaBV 98/10). Dies gilt ebenso für beleidigende oder diffamierende Kennwörter.

Hält der Wahlvorstand ein gewähltes Kennwort für unzulässig, muss er den Listenvertreter hierüber unverzüglich informieren. Er ist nach Auffassung des BAG (Beschl. v. 15.05.2013 - 13 TaBV 98/10) in Anwendung von § 7 Abs. 2 S. 1 WO berechtigt, das Kennwort zu streichen und die Liste stattdessen mit den Namen der ersten beiden Wahlbewerber zu bezeichnen. Der Wahlvorschlag dürfe aber nicht als ungültig zurückgewiesen werden.

Der Gemeinschaftsbetrieb

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Stichworte: Gemeinschaftsbetrieb

Ein sog. Gemeinschaftsbetrieb oder auch gemeinsamer Betrieb genannt liegt vor, wenn die in einer gemeinsamen Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. 

Eine unternehmerische Zusammenarbeit alleine genügt insofern nicht. Es bedarf einer sog. Führungsvereinbarung, nach der die Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden. Diese Vereinbarung zwischen den beteiligten Unternehmen bedarf keiner besonderen Form. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich ihr Vorliegen aus den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls herleiten lässt. Erforderlich ist eine gemeinsame räumliche Unterbringung. Eine solche gemeinsame Betriebsstätte wertet das BAG als Indiz für das Bestehen einer Führungsvereinbarung.

Gem. § 1 Abs. 2 BetrVG wird das Bestehen eines gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn
  • zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
  • die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

Der Konzernbegriff

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Stichworte: Konzern

Arbeitsrechtliche Vorschriften nehmen vielfach auf den aktienrechtlichen Konzernbegriff Bezug, etwa § 54 Abs. 1 S. 2 BetrVG für die Bildung eines Konzernbetriebsrates oder § 5 Abs. 1 MitbestG für die Zurechnung von Arbeitnehmern im Rahmen der Schwellenwerte für die Anwendung der Unternehmensmitbestimmung. Der Konzernbegriff des Aktienrechts hat daher auch große Bedeutung für das Arbeitsrecht.

Die gesetzliche Definition des Konzerns findet sich in § 18 AktG. Gem. § 18 AktG bilden zwei Unternehmen einen Konzern, wenn ein herrschendes und ein abhängiges Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammen gefasst sind. Abhängig ist ein rechtlich selbstständiges Unternehmen, wenn ein anderes Unternehmen auf dieses unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden, gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluss ausüben kann, § 17 AktG. Dies wird gem. § 17 Abs. 2 AktG vermutet, wenn das Unternehmen im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens steht. Die Rechtsform ist insofern unerheblich. In diesem Fall spricht man von einem sog. Unterordnungskonzern.

Für das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses reicht die Möglichkeit der Einflussnahme auf das andere Unternehmen aus. Die Leitungsmacht muss jedoch tatsächlich ausgeübt werden.

Eine einheitliche Leitung liegt nach der im Aktienrecht vorherrschenden Meinung jedenfalls vor, wenn der Finanzbereich der Unternehmen einheitlich gelenkt wird. Ob es darüber hinaus ausreicht, wenn wesentliche Teilfunktionen des Unternehmens einheitlich geleitet werden (sog. weiter Konzernbegriff), ist im Aktienrecht streitig. Der sog. enge Konzernbegriff verlangt demgegenüber, dass die Unternehmen umfassend einheitlich gesteuert werden.

Fehlt es an einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beteiligten Unternehmen, haben sie sich jedoch unter einheitlicher Leitung verbunden, so liegt gem. § 18 Abs. 2 AktG ein sog. Gleichordnungskonzern vor.

Neben dem Unterordnungskonzern gibt es noch den Vertrags- und den Eingliederungskonzern als konzernrechtliche Sonderformen. Der Vertragskonzern setzt das Vorliegen eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrages voraus. Liegt ein solcher Vertrag vor, wird das Bestehen eines Vertragskonzerns zwischen den beteiligten Unternehmen gem. § 18 Abs. 1 S. 2 AktG unwiderleglich vermutet.

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