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Die Sozialauswahl unter Leiharbeitnehmern im Verleihunternehmen

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Sozialauswahl Leiharbeit

Auch in der Leiharbeitsbranche sind betriebsbedingte Kündigungen keine Seltenheit. Der Verleiher muss sich nach der Beendigung des leihweisen Einsatzes eines Arbeitnehmers bei einem Kunden, die Frage stellen, ob ein anderweitiger Einsatz möglich ist. Entsteht durch den Auftragsverlust ein Arbeitskräfteüberhang beim Verleiher, so kann eine betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich in Betracht kommen.

Schwierigkeiten kann dann allerdings die Bestimmung der in den Kreis der Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer bereiten. In die Sozialauswahl sind alle Arbeitnehmer aufzunehmen, die objektiv vergleichbar, sprich gegeneinander austauschbar sind. Zu prüfen ist - vereinfacht gesprochen -, ob der Arbeitgeber mittels einseitiger Weisung die Arbeitnehmer jeweils auf den Arbeitsplatz des anderen Arbeitnehmers versetzen könnte. Wenn ja, liegt Vergleichbarkeit vor.

Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung kann das Weisungsrecht des Verleihers allerdings dann eingeschränkt sein, wenn er mit dem Entleiher vertraglich vereinbart hat, dass ein Austausch des Leiharbeitnehmers gegen einen anderen nicht möglich sein soll. In diesem Fall fehlt es an der erforderlichen Vergleichbarkeit. Fehlt es dagegen an einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, so ist das Verleihunternehmen grundsätzlich berechtigt, die entsandten Leiharbeitnehmer auszutauschen. In diesem Fall läge grundsätzlich eine Vergleichbarkeit vor.

Einer Einbeziehung anderer verliehener Arbeitnehmer in die Sozialauswahl steht dann auch nicht entgegen, dass diese nicht im Betrieb des Verleihers sondern des Entleihers arbeiten. Das BAG ordnet die Leiharbeitnehmer insofern dem Betrieb des Entleihers zu und hat jüngst noch einmal klargestellt, dass zum Betrieb des Verleihers nicht nur die einsatzfreien, sondern auch die im Einsatz befindlichen Leiharbeitnehmer gehören (BAG, Urt. v. 20.06.2013; abrufbar unter: www.bundesarbeitsgericht.de ).

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Anwendung des Schwerbehindertenschutzes auch auf Geschäftsführer?

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Schwerbehinderung Geschäftsführer

Der im SGB IX geregelte besondere Schutz schwerbehinderter Menschen knüpft regelmäßig an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an. So regelt beispielsweise § 85 SGB IX, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen der vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt bedarf.

Von einem Arbeitsverhältnis zu unterscheiden ist das Dienstverhältnis beispielsweise eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft. Der wesentliche Unterschied ist, dass ein Arbeitnehmer in einer persönlichen Abhängigkeit zum Arbeitsgeber steht, nicht dagegen der Dienstnehmer. Das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft leitet diese frei von Weisungen und ist daher nicht von der Gesellschaft persönlich abhängig.

Schwieriger ist die Unterscheidung beim GmbH-Geschäftsführer, denn dieser unterliegt grundsätzlich den Weisungen der Gesellschafterversammlung. Dies würde grundsätzlich für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen. Andererseits übt der Geschäftsführer selbst für die Gesellschaft die Arbeitgeberbefugnisse aus. Es erschiene daher widersprüchlich, ihn als Arbeitnehmer zu charakterisieren. Das BAG stellt in seiner Rechtsprechung auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ab. Regelmäßig wird nach Auffassung des BAG der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers als freier Dienstvertrag anzusehen sein, sofern nicht besondere Umstände hinzukommen, die eine persönliche Abhängigkeit begründen, beispielsweise ins Detail gehende Arbeitsanweisungen durch die Gesellschafterversammlung.

Regelmäßig findet § 85 SGB IX somit keine Anwendung auf den GmbH-Geschäftsführer, da es an einem Arbeitsverhältnis fehlt.

Wie so oft hat in der jüngeren Vergangenheit eine Entscheidung des EuGH v. 10.11.2010 hier Bewegung in die rechtliche Diskussion gebracht. Der EuGH legt den Begriff des Arbeitsverhältnisses im europäischen Recht deutlich weiter aus. Nach Auffassung des EuGH kann schon ein rein gesellschaftsrechtlich begründetes Weisungsrecht gegenüber dem Betroffenen ein Arbeitsverhältnis begründen, sofern das Gesellschaftsorgan vom Wohlwollen anderer Gesellschaftsorgane abhängig sei. Dies trifft in Deutschland insbesondere auf den Fremdgeschäftsführer einer GmbH zu.

Im Rahmen des SGB IX könnte folglich auch der weitere Begriff des Arbeitsverhältnisses nach der Rechtsprechung des EuGH anzuwenden sein, so dass jedenfalls ein Fremdgeschäftsführer etwa dem Anwendungsbereich des § 85 SGB IX unterfiele und seine Kündigung der vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt bedürfte. Das OLG Düsseldorf hat in einer jüngeren Entscheidung vom 18.10.2012 im Rahmen von § 85 SGB IX den weiten Arbeitnehmerbegriff des EuGH dagegen nicht für einschlägig erachtet. Es hielt die Voraussetzungen einer richtlinienkonformen Auslegung von § 85 SGB IX für nicht gegeben, da § 85 SGB IX nicht als Umsetzung einer europäischen Richtlinie anzusehen ist. Die Gesetzesmaterialien zu § 85 SGB IX enthielten gerade keinen Hinweis auf europäisches Recht. Die Kündigung eines schwerbehinderten Geschäftsführers, könnte auf Basis dieser Rechtsprechung ohne Zustimmung des Integrationsamtes erfolgen. Die weitere Entwicklung bleibt allerdings abzuwarten.

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Heimliche Aufnahmen von Personalgesprächen

In der Praxis - leider - immer wieder anzutreffen, ist das Mitscheiden von Personalgesprächen mittels eines versteckten Diktiergerätes oder eines Voice-Recorders auf dem Smartphone. Arbeitnehmer, die überraschend zu einem Personalgespräch geladen werden, sehen sich oft mehreren Vertretern des Arbeitgebers gegenüber. Aus diesem Grund meinen sie dann dazu berechtigt zu sein, das Gespräch auf Band aufnehmen zu dürfen. Ansonsten, so wird befürchtet, würde der Gesprächsinhalt von der Arbeitgeberseite falsch dargestellt und man selbst habe keinen Zeugen für das Gegenteil.

Andererseits ist die verdeckte Aufnahme von Personalgesprächen auch bei Arbeitgebern durchaus beliebt, insbesondere um in der Überraschungssituation dem Arbeitnehmer Aussagen zu entlocken und auf Band festzuhalten, die er später so nicht mehr machen würde, etwa ein Eingeständnis einer Pflichtverletzung.

Vor einem solchen Vorgehen ist - sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite - strikt abzuraten. Das heimliche Aufnehmen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes erfüllt den Straftatbestand des § 201 StGB. Das BAG (Urt. v. 19. 7. 2012 – 2 AZR 989/11)  hat festgestellt, dass ein solches Verhalten zudem an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Maßgeblich ist hierbei, inwieweit der Arbeitnehmer durch die heimliche Aufnahme des Gesprächs gegen seine Rücksichtnahmepflicht aus dem Arbeitsvertrag, § 241 II BGB, verstoßen hat. Zudem ist eine abschließende Interessenabwägung vorzunehmen. Ob eine Notsituation in gewissen Fallkonstellationen als Rechtfertigungsmöglichkeit anzusehen sein könnte, musste das BAG nicht entscheiden. Einem Arbeitnehmer, der befürchtet, in einem Personalgespräch vom Arbeitgeber überrumpelt zu werden, ist aber dringend zu raten, anstatt einer Aufnahme des Gesprächs möglichst einen Rechtsbeistand oder ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

Der Auffassung des BAG haben sich mittlerweile auch die Landesarbeitsgerichte angeschlossen. So hat etwa das LAG Hessen mit Urteil vom 23.08.2017 (Az. 6 Sa 137/17) entschieden:

"Der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs ist grundsätzlich geeignet, sowohl eine ordentliche verhaltensbedingte als auch eine außerordentliche Kündigung „an sich“ zurechtfertigen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an. Maßgebend ist die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der dem Arbeitnehmer nach § 241 II BGB obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Das heimliche Mitschneiden des Gesprächs durch den Arbeitnehmer ist rechtswidrig, weil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch das durch Art. 2 I iVm Art. 1 II GG gewährleistete Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes folgt."

Ein Arbeitgeber, der heimlich ein Personalgespräch aufnimmt, wird sich - sollte es einmal auf den Inhalt des Gesprächs ankommen - nicht auf den Mitschnitt zu Beweiszwecken berufen können, da dieser unter Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zustande gekommen ist. Dem Arbeitnehmer steht zudem ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB und ggf. sogar ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB i.V.m. § 241 II BGB zu.

Unzulässig ist selbstredend auch die heimliche Videoaufzeichnung eines Personalgesprächs.

Zulässig ist die Aufnahme eines Personalgesprächs nur mit ausdrücklicher Einwilligung des jeweiligen Gegenübers!

Bezugnahme auf Tarifvertrag und Befristungsabrede

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen

Stichworte: Befristung Tarifvertrag

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) lässt grundsätzlich nur eine sachgrundlose Befristung für die Dauer von maximal zwei Jahren zu. Innerhalb dieser zwei Jahre kann der befristete Arbeitsvertrag insgesamt dreimal verlängert werden.

Die Tarifvertragsparteien können allerdings in einem Tarifvertrag regeln, dass eine sachgrundlose Befristung auch für einen längeren Zeitraum als zwei Jahre zulässig ist und/oder eine größere Anzahl von Verlängerungen möglichen sein soll. Findet ein solcher Tarifvertrag nicht kraft Verbandszugehörigkeit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber Anwendung, so können die Arbeitsvertragsparteien seine Anwendung vereinbaren, sofern sie ansonsten seinem Anwendungsbereich unterliegen.

Eine solche Inbezugnahme des Tarifvertrages muss allerdings transparent sein. Lediglich die Aufzählung der Tarifverträge, auf denen das Arbeitsverhältnis "basieren" soll, genügt nach Auffassung des LAG Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung vom 28.03.2013 nicht. Es sei bei einer solchen Formulierung nicht erkennbar, ob die Tarifverträge tatsächlich einbezogen werden sollten oder nur eine Orientierung an diesen beabsichtig gewesen ist.

Damit war die Befristungsabrede, die den Zeitraum von zwei Jahren bei einer sachgrundlosen Befristung überschritt, unwirksam. Die Konsequenz ist einem solchen Fall, dass das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.

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Neuer Auftsatz zum Thema "Interim Management"

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Stichworte: Interim Management

Mein Aufsatz zum Thema "Interim Management" ist im aktuellen Heft des "Arbeitsrechtberaters" erschienen! Mehr unter der Adresse http://www.arbrb.de/aktuelles_heft.html

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Ausbildungsverhältnis keine Vorbeschäftigung iSv § 14 II 2 TzBfG

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Stichworte: Ausbildung Vorbeschäftigung

Eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages kommt gem. § 14 II 2 TzBfG nur dann in Betracht, wenn zuvor noch kein Arbeitsverhältnis zum vertragschließenden Arbeitgeber bestanden hat. Während die Rechtsprechung früher den Wortlaut des § 14 II 2 TzBfG ernst nahm und es nicht darauf ankam, wann in der Vergangenheit ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist nunmehr nach der neuen Rechtsprechung des BAG nur noch zu prüfen, ob innerhalb von drei Jahren vor Abschluss des befristeten Vertrages ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Das BAG (Urt. v. 21.09.2011 - 7 AZR 375/10) hat mittlerweile auch entschieden, dass ein Berufsausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 II 2 TzBfG ist. Dieses Ergebnis leitet das Gericht aus § 10 II BBiG ab, wonach es bei der Frage, ob ein Berufsausbildungsverhältnis als Arbeitsverhältnis anzusehen ist, auf den jeweiligen Gesetzeszweck ankommt. Der Gesetzeszweck des § 14 II 2 TzBfG ist nach Auffassung des BAG, Kettenbefristungen zu verhindern. Dieser Zweck erfordere es gerade nicht, Ausbildungsverhältnisse im Rahmen des § 14 II 2 TzBfG mit Arbeitsverhältnissen gleichzustellen. Auf Grund des Ausbildungszwecks des Berufsausbildungsverhältnisses bestünde die Gefahr des Mißbrauchs der sachgrundlosen Befristung zu Kettenbefristungen nicht. Vielmehr betont das Gericht, den Auszubildenden solle über die Möglichkeit einer befristeten Einstellung der Weg in das Arbeitsleben geebnet werden und eine Beschäftigungsbrücke in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geschaffen werden.

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